Faul, träge, unmotiviert … Viele zunächst qualifiziert erscheinende Mitarbeiter stellen sich noch in der Probezeit als faule Früchtchen heraus – und bleiben trotzdem auf ihren Plätzen. Die Coach Antje Bach kann das überhaupt nicht verstehen. Und nimmt Führungskräfte in die Pflicht …
Karriere-Einsichten: Frau Bach, Sie unterstellen Führungskräften und HR’lern in Unternehmen, dass sie selbst an Problemmitarbeitern schuld sind. Wie kommen Sie darauf?
Antje Bach: Zunächst einmal stellen sich mir schon beim Wort „Problemmitarbeiter“ die Nackenhaare auf. Wenn ich als Business-Coach im Einsatz bin, höre ich häufig: „Ich habe hier einen echten Problemmitarbeiter. Ich weiß nicht mehr, was ich mit ihm machen soll.“ Auf solche Klagen lautet meine erste Frage dann immer: „Seit wann ist das so?“ Glaubt mir, in den meisten Fällen müssen die Betroffenen nicht lange in sich gehen: „Seit dem Beginn eigentlich.“
Und da haben wir doch schon den Schlamassel! Führungskräfte kaufen sich ihre eigenen faulen Früchtchen ein. Das ist vergleichbar mit meinem Gang zum Markt am Wochenende: Wenn ich Obst einkaufen gehe und sofort beim Auspacken zu Hause entdecke, dass ich angefaulte Früchte ausgewählt habe, ist das mit großer Wahrscheinlichkeit meine Schuld. Denn wo war denn dann mein prüfender Blick?
Karriere-Einsichten: Sie sagen also, dass Führungskräfte oftmals gleich schon im Recruiting-Prozess daneben liegen. Wieso ziehen sie dann nicht spätestens in der Probezeit die Reißleine?
Antje Bach: Nun ja, meist sitzt ein kleines, sehr standhaftes Etwas im Weg: das Ego einer Führungskraft. Denn wer gibt denn schon gerne zu, dass er eine Fehlentscheidung getroffen hat? Also erhalten die Verantwortlichen lieber das eigene Selbstbild aufrecht, anstatt den verhängnisvoll „eingekauften“ Mitarbeiter gleich wieder vor die Tür zu setzen. Sonst würden die Kollegen ja denken, dass man zu inkompetent ist, um jemand Qualifizierten einzustellen. Nee, nee, lieber nicht.
Dann lebt eine Führungskraft vorzugsweise mit dem faulen Früchtchen, hält die Hoffnung hoch und schaut am besten weg. Besagter Mitarbeiter wird sich vielleicht doch noch eingewöhnen, der entwickelt sich sicher noch, es wird schon alles gut werden.
Karriere-Einsichten: Welche Auswirkungen hat ein solches Wegschauen auf das Unternehmen und vor allem auch auf die anderen Mitarbeiter? Fair ist das ja nicht …
Antje Bach: Fair ist das ganz und gar nicht! Die anderen im Team müssen die minderwertige Arbeit und das Verhalten des Neulings schließlich kompensieren, um trotzdem erfolgreich zu sein. Er kann nach drei Monaten eben auch nicht mehr den vollen Rundum-Welpenschutz genießen. Und was dann kommt, könnt ihr euch sicher vorstellen: Konflikte, Ärger, Unmut.
“Nach 3 Monaten vorbei: Rundum-Welpenschutz”
Dass diese reine Energiefresser sind, ist klar. Und wer ist dann bitte schön noch motiviert? Zudem die Glaubwürdigkeit der Führungskraft ebenfalls leidet. Denn Mitarbeiter fragen sich in solchen Situationen vor allem eines: Warum merkt der Typ da oben eigentlich nicht, dass der Neue nichts taugt? Mit Friede, Freude, Eierkuchen und tollen Ergebnissen könnt ihr dann im Unternehmen nicht rechnen.
Von dem Wahnsinn, ein Gehalt für nicht oder schlecht erbrachte Arbeit zu zahlen, fange ich hier am besten gar nicht erst an. Wo bitte schön setzen denn hier Programme zur Kostensenkung an?
Karriere-Einsichten: Wie nutzen Führungskräfte eine Probezeit also sinnvoll, um am Ende wirklich nur gute Leute zu übernehmen?
Antje Bach: Ein sogenanntes Patentrezept braucht es hier nicht – eine klare Linie reicht. Ein guter Anfang ist, wenn ihr definiert, auf was es in eurem Unternehmen bei einem qualifizierten Mitarbeiter ankommt, oft eben auch neben der Fachkompetenz: Braucht ihr lernbereite Leute?
Müssen sie mutig sein in unsicheren Situationen? Gehört es dazu, dass sie eine gute kommunikative Ebene und Beziehung zu Kollegen und Kunden aufbauen können? Oder ist in eurem Betrieb wichtiger, wie sie mit Konflikten umgehen? Und letztlich auch: Welches Maß an Frustrationstoleranz sollten eure Leute mitbringen?
All das könnt ihr als Führungskraft gar nicht in einer üblichen „schön gestalteten und kreativen“ Bewerbungsmappe abprüfen. Aber eben dafür habt ihr die Probezeit!
Karriere-Einsichten: Haben Sie noch einen Tipp, wie Chefs solche Kompetenzen in der Probezeit bewusst abklopfen können?
Antje Bach: Ich würde im Doing bewusst schwierige Situationen schaffen. Den Neuen zum Beispiel direkt vorm Management ein Ergebnis präsentieren lassen. Oder ihm mal eine Aufgabe geben, die er definitiv noch nicht bewältigen kann, weil ihm noch die Fähigkeiten fehlen. Aus der Reaktion könnt ihr viel ableiten: Kommt der neue Mitarbeiter und bittet um Hilfe – oder macht er einen auf Mammutkämpfer? Und welche der beiden Alternativen wollt ihr lieber sehen?
Eine weitere Möglichkeit ist, ihm auch zu widersprechen. Reagiert er trotzig oder verteidigt er seine Meinung womöglich sogar auf Biegen und Brechen? Auf diese Art und Weise holt ihr Menschen aus ihrer Komfortzone raus.
Für mich das A und O und auch das Ziel einer Probezeit. Wie reagieren Menschen, wenn sie gefordert werden, welche Verhaltensweisen zeigen sie und was wird auch hier an erforderlichem Potenzial sichtbar?
Die Mischung aus den zwei Paradoxen – herzliches Zugewandtsein und auch mal bewusst Stresssituationen schaffen – wird euch schnell zeigen, wen ihr euch da ins Haus geholt habt. Faules Früchtchen oder doch Spitzenmitarbeiter mit Entwicklungskraft.
Und im Fall der faulen Früchtchen wünsche ich euch, dass ihr zu beider Seiten Wohl die Probezeit auch in diesem Fall für das nutzt, für was sie da ist: euch zu trennen, wenn es nicht zwischen euch matched, wenn die gezeigte Leistung und das sichtbare Verhalten nicht stimmen und alle Beteiligten sich nur quälen.
Foto: pathdoc/ Shutterstock
1 Kommentar
Und ich dachte, hier gäbe es vielleicht den einen oder anderen neuen Gedanken. Stattdessen Banalitäten in die Breite getreten mit Imponiergesabbel. Aua.