Natalie bezeichnet sich selbst als Generalistin. Schon von Kindesbeinen an hat die promovierte Wirtschaftsinformatikerin eine Vielzahl an Interessen, will in die verschiedensten Bereiche eintauchen, sich Wissen aneignen und sich in immer neue Themen einarbeiten. Neugierde und Wissensdurst – Soft Skills. Firmeneinblick bei Gore, auf unserer Haut, im Herzen, auf dem Mond…
Bereits im Studium wählt Natalie den Studiengang aus, von dem sie sich den breitesten Einblick in die Berufswelt erhofft: Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Und es gelingt ihr schnell, herauszufinden, wohin die Reise (nicht) gehen soll. „Keine Buchhaltung, keine Steuer.“ Strategiethemen sollen es sein, neue Geschäftsmodelle und dergleichen – und all das gerne in Verbindung mit IT. In der Verknüpfung beider Welten, der IT und der BWL, sieht sie ihren persönlichen „Sweetspot“.
Im Anschluss an das Studium schreibt sie – als eine der ersten Frauen – ihre Doktorarbeit am Institut für Wirtschaftsinformatik der LMU, ist aktiv in der Forschung tätig und hält Vorlesungen vor vielen hundert Studenten. Dabei liegt ihr Schwerpunkt auf Themen wie IT-Management und digitale Transformation. Bei ihrer ersten Arbeitsstelle – Assistant to the CIO im Jahre 2010 – verknüpft sie beide Welten, die IT und die BWL, erneut.
Going abroad
Als ihr Ehemann ein Angebot aus den USA bekommt, wandern beide nach Amerika aus und Natalie bewirbt sich initiativ bei W. L. Gore & Associates. „Projektmanagement im IT-Bereich, könnt ihr da jemanden gebrauchen?“ So oder so ähnlich sei es damals abgelaufen. Und Gore habe sie mit offenen Armen und regem Interesse empfangen. Eine solche Stelle hatte es in dem amerikanischen Unternehmen damals bislang noch nicht gegeben. Und so bekam Natalie die Chance, eine völlig neue Position zu besetzen und überhaupt erst zu formen. Einen Consultant-Vertrag in der Tasche, baut die frischgebackene Projektmanagerin in den kommenden drei Jahren die entsprechenden Strukturen auf. Anschließend kehrt sie mit ihrem Mann nach Deutschland zurück.
Woran sie sich, wenn sie an ihre Zeit in Amerika zurückdenkt, besonders gerne erinnert, ist die Tatsache, dass die Reaktionen der Kolleginnen und Kollegen auf ihre Optimierungsvorschläge auch ganz anders hätten lauten können: „Wieso brauche ich überhaupt jemanden, der mir vorschreibt, wann was fertig sein muss?“
Doch Natalie bekam – wie alle Einsteigerinnen und Einsteiger bei Gore – einen Vertrauensvorschuss. Einander zuhören, Wissen teilen und einander weiterhelfen – all das sind positive Erfahrungen, auf denen Natalie ihre ganze Karriere aufbaut.
Wechseln oder nicht?
Inzwischen ist Natalie seit 13 Jahren bei Gore – und hat, wie sie sagt, in dieser Zeit nie ernsthaft über einen Wechsel nachgedacht.
Viel eher gehe ihr, wenn überhaupt, dann und wann die Frage durch den Kopf, warum sie eigentlich nicht wechseln wolle. Und ihre Antwort darauf lautet stets gleich: „Die Menschen sind’s. Die Kultur. Die vielfältigen Aufgaben, die ihren Arbeitsalltag abwechslungsreich und immer spannend machen. Bei Gore kann ich etwas bewegen.“
Davon lebt sie, wie sie selbst es formuliert, und davon zieht sie ihre Energie. Und das gehe bis zu einem gewissen Grad remote, aber – was ihr sogar noch ein bisschen lieber sei – gerne auch vor Ort im Büro in Putzbrunn.
„Nicht zuletzt bin ich natürlich auch von den innovativen Produkten überzeugt, die wir unseren Kundinnen und Kunden bieten und auf die wir wirklich stolz sein können,“ betont Natalie abschließend. „Am 21. Juli 1969 fliegen Kabel von Gore mit der Apollo 11-Mission der NASA zum Mond. Im Mars-Rover rollen sie über den roten Planeten. Und auf unsere atmungsaktive Outdoor-Kleidung ist selbst auf Achttausendern Verlass.“ Und das ist bei Weitem noch nicht alles.
Mut haben und Mut machen
Wenn man Natalie nach ihren beruflichen Meilensteinen fragt, beginnt ihre persönliche Erfolgsgeschichte vor allem mit einem: dem Mut, auch einen Schritt ins Unbekannte zu wagen, in ihrem Fall der Umzug in die USA. Und der Lust, neue Herausforderungen anzunehmen. So übernimmt Natalie nach kurzer Zeit die Leitung eines globalen Teams an IT-Entwicklerinnen und -Entwicklern und kümmert sich um unternehmensweite IT-Infrastruktur-Projekte.
Aus der Frage, ob man gewisse Prozesse in der IT nicht vielleicht optimieren könne, folgt eine Führungsrolle in ebendiesem Bereich, die letztendlich sogar so weit geht, dass sie den Aufbau des globalen Project Management Offices (PMO) im IT-Bereich übernimmt. Dies geht mit Budget- und Personalverantwortung für circa 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einher. Alle IT-Projekte und -Programme unternehmensweit gehen über ihren Schreibtisch.
Als Natalie Mutter wird und sich nun auch um die Familie kümmert, merkt sie, dass ihr eine globale Führungsposition unter solchen Umständen zu viel wird. Aber das erzählt sie keineswegs mit Wehmut, sondern sogar mit einem gewissen Hauch von Stolz: Denn zu wissen, was man will und wo die persönlichen Grenzen liegen, auch darauf legt man bei Gore besonders wert.
Von diesem Zeitpunkt an übernimmt sie die regionale IT-Leitung, die sie, wie sie sagt, mit ihren mütterlichen Freuden und Pflichten im Normalfall gut vereinen kann. Zusammen mit einem Kollegen ist sie für 150 IT-„Associates“ – bei Gore ist man Unternehmensteilhaber und nicht nur „bloßer“ Mitarbeiter – in EMEA verantwortlich. Hierbei legt sie einen besonderen Fokus auf die Förderung des IT-Nachwuchses und sponsort ein IT-Talentprogramm für Studentinnen und Studenten bzw. Azubis.
Doch auch globale Projekte sind weiterhin möglich. So wurde Natalie erst vor Kurzem gefragt, ob sie die technische Leitung für die unternehmensweite digitale Transformation übernehmen möchte; eine der höchsten strategischen Prioritäten bei Gore.
Darüber hinaus ist sie seit letztem Oktober im deutschen Aufsichtsrat als Arbeitgebervertreterin tätig, was ihr einen gänzlich neuen und auch äußerst interessanten Blick auf das Unternehmen ermöglicht, mit großer Verantwortung und in enger Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung.
Was Natalie in diesem Zusammenhang immer wieder betont, ist die Tatsache, dass sie mit ihrer
Geschichte Karriereeinsteigerinnen und -einsteigern Mut machen möchte. Denn in erster Linie sei es immer die Persönlichkeit, die über den individuellen Erfolg entscheide. Man müsse Vertrauen in sich selbst haben. Und nicht nur wissen, was man kann, sondern eben auch, was nicht, und sich in diesen Bereichen Unterstützung holen. Selbstreflexion ist dafür entscheidend.
Nach den Sternen greifen – Schritt für Schritt
Ein Erfolgsrezept, das Natalie jungen Kolleginnen und Kollegen gerne mit auf den Weg gibt, besteht darin, zwar durchaus auch mal nach den Sternen zu greifen, auf dem Weg dorthin aber kleine Schritte zu gehen. „Schritt für Schritt“, dadurch macht man auch große Themen, Ziele und Visionen planbar und erreichbar.
Wichtig ist es jedoch auch hier, stets die eigenen Grenzen zu kennen und sich diese auch einzugestehen. Im Zweifelsfall Expertinnen und Experten zurate ziehen, das gehört für Gore zur Unternehmens-DNA. Und das Schöne daran ist laut Natalie, dass hier wirklich alle im selben Boot sitzen.
„Bei Gore glauben wir an die Stärken der bzw. des Einzelnen, an die Kraft der Teamarbeit und an gegenseitige Unterstützung. Das alles passt zu meiner Persönlichkeit. Und aus diesem Grund kann ich mein Team mit Authentizität führen, ohne mich verstellen zu müssen.“
Mutter und Karrierefrau: Lässt sich das wirklich vereinen?
Obwohl heutzutage Themen wie Gleichstellung, Frauenförderung und dergleichen mehr oder weniger zum Standard einer jeden modernen Gesellschaft gehören, sind Frauen in Führungspositionen immer noch rar gesät. Doch das ist nicht überall der Fall.
Seit Natalie Mutter geworden ist, arbeitet sie in Teilzeit zu 60 %, also in einer 24-Stunden-Woche. Das sei eine bewusste Entscheidung gewesen, denn die Zeit mit ihrer Familie ist ihr extrem wichtig. Auf die Frage, wie sie den Spagat zwischen Familie und Beruf persönlich bis heute erlebt, verweist sie einmal mehr darauf, dass man sich bei Gore grundsätzlich zur Seite steht und gegenseitig den Rücken freihält. Die Verantwortung sei nicht weniger geworden, aber man lerne, neu damit umzugehen und auch Verantwortung abzugeben, was wiederum zum Wachstum anderer beitragen könne.
“Spagat zwischen Familie und Beruf”
Im Allgemeinen will Natalie andere motivieren, denselben Weg zu gehen wie sie selbst, also den Spagat aus Familienleben und Karriere zu wagen und im Idealfall auch zu meistern. Dafür bedarf es Selbstreflektion, denn man muss sich darüber im Klaren sein, was man im Leben möchte und was nicht. Es bedarf auch einiges an Selbstbewusstsein sowie den Mut, auch einmal nein zu sagen.
Gleichzeitig benötigt es aber die Bereitschaft, auch während der „Familienzeit“ das eine oder andere Mal die „Extra-Meile“ für den Job zu gehen. Aus diesem Grund – und das ist für Natalie gewissermaßen eine Grundvoraussetzung – braucht es auch eine ordentliche Portion Engagement, Fleiß und Disziplin, um das Berufs- und das Privatleben unter einen Hut zu bringen, vor allem in einer Führungsposition. Auch wenn es bei Gore ebenso selbstverständlich ist, sich gegenseitig zu helfen und unter die Arme zu greifen, sind Elan, Motivation und Eigeninitiative Eigenschaften, ohne die laut Natalie im Arbeitsleben nur wenig möglich ist.
„Führungsverantwortung in Teilzeit in einem globalen Unternehmen ist und bleibt eine Herausforderung“, bringt Natalie es auf den Punkt. „Man schafft das alles, aber man muss es schon auch wollen. Und ohne Support aus dem privaten wie auch – das vielleicht in besonderem Maße – aus dem beruflichen Umfeld geht es nicht.“
Menschen, die sich gegenseitig beflügeln
Tatsächlich ist es sogar so, dass bei Gore das gegenseitige sich-Unterstützen und Beflügeln zur Unternehmenskultur gehört.
Natalie verrät, dass sie mittlerweile fünf „Sponsees“ fördert, denen sie als „Sponsor“ – also als Ansprechpartnerin, Mentorin und Vorbild – unter die Arme greift und für deren Entwicklung sie mitverantwortlich ist. Wichtig dabei ist ihr vor allen Dingen, zuzuhören und empathisch zu sein – und nicht nur auf Nachfrage stumpf Lösungen zu liefern. Denn allem voran geht es Gore mit der Sponsorship-Initiative darum, dass junge Talente gefördert und in ihrer persönlichen Entwicklung bestärkt werden.
Darüber hinaus legt Natalie aus eigener Erfahrung darauf wert, auch mal nein sagen zu können (und das auch zu dürfen). Und ertappt sich immer wieder dabei, dass die zwei Sponsoren, die wiederum für sie zuständig sind, ihr auf die Finger klopfen, wenn bei ihr mal Überstunden anfallen. Denn das wird bei Gore grundsätzlich nicht gerne gesehen – vor allem, wo sie doch für ihre Sponsees eine Vorbildfunktion einnimmt.
“New Work”
Eine Work-Life-Balance, also Berufs- und Privatleben in ausgeglichenem beziehungsweise angemessenem Verhältnis, das spielt bei Gore schon immer eine große Rolle. Wenn man so möchte: noch bevor es Buzzwörter wie „New Work“ in den heutigen Stellenausschreibungen zu lesen gab.
Zusammen mit den Sponsoren einen persönlichen Entwicklungsplan zu erstellen, jeden Schritt zum richtigen Zeitpunkt zu gehen, die eigenen Grenzen und den eigenen Sweetspot zu kennen – und, wenn nötig, eben auch mal nein zu sagen –, das ist für Natalie der richtige Fahrplan zum beruflichen Erfolg.
Die Freiheit, ins kalte Wasser zu springen
Bei der Frage, was Gore in Zukunft vielleicht noch besser machen könnte, gerät Natalie kurz ins Überlegen.
„Bei Gore genießt man grundsätzlich viele Freiheiten. Und das kann vor allem Berufseinsteigerinnen und -einsteiger im ersten Moment auch einmal überfordern und sogar erschrecken.“ Um dies aufzufangen, gibt es jedoch die besagte Sponsor-Kultur.
„Ein Sprung ins kalte Wasser mag es bleiben“, resümiert Natalie. „Aber ein Beiboot mit Rettungsring und – wichtiger noch – vielen Kolleginnen und Kollegen an Bord, die einem Mut machen und einen motivieren, sind allzeit zur Stelle.“
Was neue Kolleginnen und Kollegen betrifft, so wünscht sich Natalie vor allen Dingen Menschen, die innovativ und kreativ sind, motiviert und unternehmerisches Denken an den Tag legen. „Und authentisch müssen sie natürlich sein.“ Denn das sei die Sorte Mensch, die sich bei Gore entfalten und im Unternehmen wirklich aufblühen könne.
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