Manche Fragen im Bewerbungsgespräch kommen unscheinbar daher. Etwa: Welches Buch haben Sie als letztes gelesen? Die Antwort: „Ich lese keine Bücher, sondern informiere mich über Spiegel online“ ist zumindest fatal, wenn Sie vor dem Personal-Berater Jörg Knoblauch sitzen. Er folgert: Zu wenig Interesse an eigenständiger Weiterbildung. Hier lesen Sie, was hinter Knoblauchs drei Lieblingsfragen steckt…
Je jünger die Bewerber, desto geringer die Affinität zu Büchern und Gedrucktem. Das weiß auch der Geschäftsführer von Tempus Consulting. Doch dann hört er, dass der Bewerber während Auto- oder Zugfahrten regelmäßig Hörbücher hört.
Und dass dem Bewerber beispielsweise an „Stille Revolution“ von Bodo Janssen besonders gefallen hat, dass Führungskräfte nicht nach Zahlen, sondern durch Beziehungen führen. Dann nickt er und weiß, da kümmert sich jemand um berufliche Weiterbildung, entwickelt seine Meinung und bildet seinen Führungsstil.
Oder Sie verfolgen regelmäßig bestimmte Speaker auf TEDx, womöglich englischsprachige Videos. Dann weiß Ihr Gegenüber zusätzlich, dass Sie sich höchstwahrscheinlich auch mit einem angloamerikanischen Businesspartner auseinandersetzen können.
Zusätzlicher Punkt für Sie. Wichtig ist, dass Sie verstehen, dass diese Frage auf Ihre Weiterbildung abzielt. Sie sind Experte für Social Media oder Internetmarketing? Da gibt es bestenfalls aktuelle Fachartikel, also erzählen Sie, dass Sie sich regelmäßig und professionell im Coworking-Space oder auf Social Media Nights austauschen. Sie belegen auch, dass Sie ein Netzwerker sind. Zusätzlicher Punkt.
“Kümmern Sie sich um Ihre kontinuierliche Weiterbildung”
Jörg Knoblauch
Wichtig: Was Sie sagen muss stimmen. Wenn beim Nachfassen des Interviewers rauskommt, dass Sie nicht sattelfest sind oder mal einen TEDx-Talk gehört haben, dann können Sie einpacken, sagt Jörg Knoblauch. Deshalb: Kümmern Sie sich um Ihre kontinuierliche Weiterbildung.
Was haben Sie bewegt?
Eine andere Kernfrage lautet: Wie haben Sie Verantwortung übernommen? Das sollte sich beruflich zeigen, weil Sie als Marketingmitarbeiter verantwortlich waren, dass ein neues Produkt erfolgreich eingeführt wurde. Und Sie können steigende Verkaufszahlen präsentieren.
Oder: Als System-Administrator haben Sie zunächst ein halbjähriges Audit der Mitarbeiter entwickelt und die Beurteilung hat sich kontinuierlich verbessert. Damit zeigen Sie vor allem, dass Sie bereit sind, sich dem Urteil Ihrer Nutzer zu stellen.
Berufseinsteiger und jüngere Bewerber können natürlich wenig nachweisen. Spielen Sie deshalb die Karte Freizeit. Beispielsweise sind Sie bei der Freiwilligen Feuerwehr: Sie zeigen ungewöhnlichen Einsatz. Nachts auszurücken ist kein Vergnügen. Die Arbeit birgt immer ein Risiko und sie ist nur in einem verlässlichen Team zu erledigen. Oder Sie hat eine Sportabteilung oder -gruppe aufgebaut, die über die Jahre gewachsen ist.
Was der Interviewer mit der Frage eigentlich wissen will ist: Gehen Sie voran, können Sie mit Widerständen umgehen und Hindernisse beiseite räumen, die es immer gibt, wenn etwas Neues entsteht. Und: Können Sie andere Menschen begeistern und überzeugen.
Fragen über Fragen…
Erzählen Sie also, was Sie dazu beigetragen haben, dass die Welt ein wenig besser wird. Und wenn Sie in der Richtung noch nichts geleistet haben, dann ist die Stelle, auf der Initiative gefordert ist, für Sie nicht die richtige, findet der Buchautor Jörg Knoblauch.
Wo stehen Sie in zwei bis drei Jahren?
Das ist natürlich ein Klassiker. Was der Interviewer wissen möchte, ist, ob Sie Ziele haben und Ihr (Berufs-)Leben bewusst in die Hand nehmen. Da wir in einer VUCA-Welt leben, geht es nicht um festgefügte Vorstellungen, sondern um eine Richtung. Wollen Sie beispielsweise eher eine Fach- oder eine Führungskarriere machen?
Ist das Unternehmen, bei dem Sie sich bewerben, international tätig, können Sie auch sagen, dass Sie innerhalb der kommenden drei Jahre gerne sechs Monate in China arbeiten wollen. Danach verstehen Sie die Mentalität dieser wichtigen Geschäftskunden besser.
Auf diese Frage können Sie allerdings auch ein, zwei private Aspekte nennen. Beispielsweise sind Sie bisher Halbmarathon gelaufen und wollen innerhalb der kommenden drei Jahren die volle Distanz absolvieren, möglichst unter vier Stunden. Oder: In der Zeit wollen Sie drei enge Freunde vor Ort gewinnen, um sich mit ihrer neuen Wirkungsstätte zu verbinden.
Zum einen macht Sie das als Person rund – der Interviewer bekommt ein vollständiges Bild. Außerdem zeigen die Antworten, dass Sie nicht nur beruflich ein zielorientierter Mensch sind, urteilt der Personal-Experte Jörg Knoblauch.
Seine erschreckende Erfahrung ist, dass keine zehn Prozent der Bewerber eine klare Antwort auf diese Frage geben können. Das findet er besonders fatal für Führungskräfte. Denn, wenn jemand sich selbst nicht führen kann, wird er es auch nicht schaffen, ein Team zielorientiert zu führen.
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