Von der Stellenanzeige bis zum Anschreiben ist einiges Hirnschmalz nötig. Hier einige Starter-Vokabeln, die besonders oft im Stellenteil der Lokalzeitung und in allgemeinen Stellenportalen im Internet helfen. Von Françoise Hauser…
Die erste Hürde bei der Lektüre von Stellenanzeigen ist die Stellenbezeichnung. Während klare Berufsbezeichnungen wie „Maurer“, „Arzt“ oder „Pfarrer“ auch im Bewerbischen bei gleicher Bedeutung verwendet werden, heißt es bei allen anderen aufhorchen. „Mitarbeiter“ stehen dabei ganz unten, die Betonung liegt hier nicht auf „Mit-“, sondern auf „-arbeiter“. Fachkräfte sind Menschen, die zwar kräftig schaffen dürfen, nicht aber nach dem Management schielen. Angestellte wiederum sollen sich mal nicht so anstellen. Bei den Überstunden, der Bezahlung und so weiter.
Vorsicht bei englischen Berufsbezeichnungen! Hier drohen Einbußen beim Einkommen. So entspricht ein Executive Assistant nicht unbedingt einem Führungsposten, sondern gerne auch mal dem Bürogehilfen. Auf Englisch klingt eben alles ein wenig wichtiger. Oder anders gesagt: Wären Sie lieber Facility Maintenance Manager oder Hausmeister? Bei englischen Berufsbezeichnungen heißt es daher oft: zwanzig Prozent Gehalt abziehen und die Arbeitsbelastung verdoppeln.
Hier und da verschleiern sie auch unangenehme Tatsachen: Den Young Professional sollte man zum Beispiel nicht als Gegenstück zum Old Amateur sehen. Umgangssprachlich handelt es sich um den Streber, neben dem schon auf dem Gymnasium niemand sitzen wollte und der deshalb gerne auch im beruflichen Umfeld zum High End Performer wird:
Mangels Sozialleben – auch Work-Life-Balance genannt, es will noch immer keiner neben ihm sitzen – bleibt er so lange im Büro und arbeitet so viel, dass sowieso alle im Vergleich zu ihm verblassen. Wenn ihm der Sinn nach Freizeit steht, dann geht er mit dem Chef golfen.
Tipps und Tricks
Da englische Berufs- und Job-Bezeichnungen hier und da schon ein wenig überstrapaziert wirken, weichen Könner aufs Französische aus, ein Trick, der sich in der Welt der Gastronomie seit Jahrzehnten bewährt hat: Der Commis de Rang klingt weitaus weniger nach Plattfüßen und heißem Fett als der Jungkellner.
Auch das Privatleben lässt sich mit diesem Trick sprachlich aufpeppen. „Femme au ménage“ klingt doch gleich viel weltgewandter als Hausfrau. Wer lieber verwirren will oder eine Pionierleistung anstrebt, sollte sich ein paar schöne spanische oder chinesische Titel aussuchen. Allerdings gibt es hier noch keine Erfahrungswerte.
Vokabelliste für ersten Schritte
Selbstmotivation: Die Fähigkeit, sich auch nach drei Monaten mit 300 Überstunden daran zu erinnern, warum man den Job haben wollte. Alternativ sind auch hohe Schulden förderlich, die es völlig undenkbar machen, einfach den Bettel hinzuschmeißen.
Schlüsselkompetenzen: Sie haben nichts damit zu tun, ob man auch noch nach dem dritten Glas Wein zielsicher die Eingangstür öffnen kann. Der Begriff Schlüsselkompetenz umfasst also alles, was man für den Job braucht.
Kognitive Kompetenzen: Weniger ansteckend als gemeinhin angenommen. Dazu gehören Sehen, Hören, Fühlen. Falls Sie hier nun eine Diskriminierung blinder oder gehörloser Bewerber vermuten, liegen Sie jedoch nicht richtig. Auch die Fähigkeit komplett unsensibler Klotze, eine Chance zum Aufstieg zu wittern, gehört dazu.
Operativ: Es macht gar nichts, wenn Sie kein Blut sehen können. Das Wort operativ bedeutet nur … nun ja, in diesem Umfeld eigentlich gar nichts. Wer operativ tätig ist, macht etwas – und klingt dabei interessant. Ergo sind die meisten Stellen operativ – ein operativer Einkäufer beispielsweise ist einer, der das dann auch wirklich macht und nicht nur dumm rumsteht.
“Keine Füllwörter”
KLP: Kompetenz, Leistungsmotivation und Persönlichkeit. Diese völlig sinnfreien Vokabeln gehören eigentlich schon zum Fortgeschrittenen-Vokabular. Überlesen Sie sie einfach – sie dienen nur dazu, die Textfülle zu erhöhen.
Rekrutierungsprozess: Stillgestanden! Rühren! Setzen! Suchen Sie schon mal Ihre Kleidermaße heraus, dann fällt es leichter, Ihre Uniform, ähm, den Anzug zusammenzustellen. Personaler, die diesen Begriff verwenden, haben die präpubertäre „Panzer sind cool“-Phase noch nicht überwunden. Sollten Sie selbst Spaß am zackigen Umgang haben – prima!
Die Blindbewerbung wird nicht in der Blindenschrift Braille geschrieben, sondern ebenfalls auf Bewerbisch verfasst. Es handelt sich dabei um eine Bewerbung, die nicht auf eine Anzeige hin erfolgt, sondern auf gut Glück. Ihren Namen trägt diese Form der Bewerbung wahrscheinlich, weil der Verfasser mangels Informationen blind ins Verderben läuft. Ob und wie erfolgreich diese Bewerbungsform ist, da streiten sich die Experten. Befürworter verweisen gerne darauf, dass es 1994 in Norddeutschland einen Bewerber gegeben haben soll, der durch eine Blindbewerbung eine Arbeitsstelle fand.
Tipps für Bewerber ab 50
- Kommen Sie nicht mit dem Rollator.
- Machen Sie sich nichts vor: Auch mit verkehrt herum aufgesetzter Baseball-Kappe, herausblitzender Ritze unter Hängehose im Knaststil (was übrigens im Anzug nicht authentisch wirkt) und cooler Sprache wirken Sie nicht jünger.
- Duzen Sie den Personalchef nicht, auch wenn er fünfundzwanzig Jahre jünger ist.
- Geben Sie ihm keine Tipps fürs Leben im Stil von „Ach ja, als ich so jung war wie Sie, habe ich auch noch an meine Karriere geglaubt“ oder „Ist ja süß, Sie glauben diesen ganzen Management-Quatsch noch …“
Über die Autorin: Françoise Hauser schreibt als freie Journalistin seit vielen Jahren regelmäßig für diverse Magazine und Zeitungen wie »Welt«, »Rheinpfalz«, »in Asien«, »Asia Bridge«, »Touristik Aktuell«, »Diners Club« u.a., zum anderen ist sie als Buchautorin tätig. Neben dem regionalen Asien-Schwerpunkt hat sie sich auch auf berufl iche Themen spezialisiert…
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