Deutsche Bank und die seit 2008 mit staatlichen Milliardengarantien am Laufen gehaltene Commerzbank reden miteinander über eine Fusion. Vor Jahren eine noch undenkbare Vorstellung für Deutschlands grösstes Geldhaus. Maxim Bederov beobachtet dies und andere Phänomene…
Da ich über zwei Jahrzehnte in der Finanzbranche gearbeitet habe, konnte ich sehr genau beobachten, wie sich die Digitalisierung auf die Finanzbranche ausgewirkt hat. Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass meine Kollegen und ich zu meinen beruflichen Anfängen nur einen einzigen Rechner mit einem Internetzugang hatten. Das war das Jahr 2000, also vor 19 Jahren. Ich muss nicht betonen, dass heute jeder einen eigenen PC mit Internetzugang hat.
Werden Finanzberater durch die Digitalisierung austauschbar?
Meiner Meinung nach werden in der Finanzbranche, aufgrund der Digitalisierung alle Finanzberater im Laufe der Zeit austauschbar. Es sei denn, sie haben etwas, was man durch die Digitalisierung nicht ersetzen kann und die spannende Frage ist: “Was ist das?”
Früher waren Mitarbeiter notwendig, um aus großen Tarif-Büchern einen passenden Tarif für den Kunden herauszusuchen oder um bestimmte Anträge für Kunden auszufüllen. Arbeitskräfte, die heute überflüssig werden, denn Tarife lassen sich schnell und einfach im Internet vergleichen.
Es gibt dutzende Online-Vergleichsrechner, hinter denen keine Menschen mehr sitzen und aktiv beraten. Man kann sich selbst über sein Handy identifizieren und die eigenen Daten eingeben. Anträge werden zum Großteil vom Kunden selbst ausgefüllt. Ist das jeweilige Unternehmen mit künstlicher Intelligenz vertraut, hat es sogar eigene Chat-Bots, die den Kunden automatisiert und mit einer gewissen Personalisierung zum fertigen Vertrag führen.
Es gibt mittlerweile Systeme, die die Daten aus eingescannten Dokumenten sofort in einen jeweiligen Antrag an vorgesehener Stelle einfügen.
Die Folge für den Vermittler
Das heißt, ich brauche bei vielen dieser Prozesse keine Menschen mehr. Ich brauche aber Menschen an jenen Stellen, bei denen es darum geht, individuell auf den Kunden angepasste Profile zu erstellen, unter Einbeziehung der Ziele, Visionen und Möglichkeiten. Genau dafür wird man auch in Zukunft definitiv TOP-Finanzberater brauchen.
Letztendlich werden die meisten Finanzberater vom Markt verschwinden. Aber Berater, die dazu in der Lage sind, sich auf jeden Kunden einzulassen, die individuellen Bedürfnisse jener zu erkennen, Konzepte zu erstellen und diese glaubhaft mit den Kunden zu besprechen, werden auch in Zukunft Erfolg haben.
Konkret bedeutet das, dass sich jeder Finanzberater vor Augen führen sollte, ob er effizient genug arbeitet und jeden Kunden individuell betreut, sprich, ob Leistung und guter Service an erster Stelle stehen, denn: Individuelle Ausarbeitungen von persönlichen Konzepten sowie das Erstellen von maßgeschneiderten Lösungen sind keine Leistungen, die von Maschinen erbracht werden können. Solange dies der Fall ist, wird die Finanzdienstleistungsbranche stets auf gute Mitarbeiter angewiesen sein und nicht auf Maschinen.
Fazit
Auch in Zeiten der Digitalisierung gilt der Grundsatz: “Die Menschen können sich im Regelfall nicht daran erinnern, was du mit ihnen besprochen hast. Sie können sich aber gut daran erinnern, wie du sie behandelt hast.”
Alle Unternehmen müssen sich untereinander messen. Sie messen sich nicht nur in fachlichen Qualifikationen und Lösungsansätzen, sondern auch darin, wie sie ihre Kundschaft behandeln und
wie gut ihre Serviceleistungen sind. Die Firmen, die die Behandlung ihrer Kunden und ihren Service perfektionieren, werden an der Spitze bleiben. Auch im Zeitalter der Digitalisierung.
Autorenbox: Maxim Bederov ist Unternehmer, Finanz-Experte, Bergsteiger, Kampfsportler und Vater. Mit über zwei Jahrzehnten Erfahrung in der Finanzdienstleistung, Digitalisierung und IT gründete er im Jahr 2018 einen der ersten Publikumsfonds mit digitalen Assets. Er setzt sich aktiv für die finanzielle Legalisierung und Regulierung von Kryptowährungen ein…
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