Wetten das? Chefs von Internet-Unternehmen verdienen wenig. Mal abgesehen von Amazon-Gründer Jeff Bezos oder Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Über Löhne und das Zeug zum CEO haben wir mit dem Wett-Pionier Heinz Patzelt gesprochen…
Millionengehälter? Naja, manchmal schon. Im August 2015 verkaufte Amazon-Chef Jeff Bezos eine Million seiner 84 Millionen Amazon-Aktien und verdiente dabei auf einen Schlag mehr als eine halbe Milliarde Dollar. 2014 betrug sein Gehalt etwa 45 Millionen Dollar. Am Tag.
Zum Vergleich: Die Bezüge der Bundeskanzlerin Angela Merkel belaufen sich jährlich auf gut 220.000 Euro. Von den Vorständen der 30 DAX-Konzerne verdiente 2014 Lufthansa-Chef Carsten Spohr mit 2,07 Millionen Euro noch am wenigsten. Martin Winterkorn führte in jenem Jahr das Ranking mit einem Verdienst von 15,88 Millionen Euro an.
“Millionengehälter 2.0? eher selten”
Davon können Führungskräfte von Internet-Unternehmen nur träumen. Chefs von Internet-Unternehmen machen kleinere Schritte auf der Gehaltstreppe als ihre Kollegen aus der konventionellen Wirtschaft.Die Personalberatungsfirma Cribb aus Hamburg, die sich auf die Besetzung von Vorstands- und Geschäftsführungspositionen mit ausgeprägter Digital- und Online-Kompetenz fokussiert, errechnete im Sommer 2014, dass das durchschnittliche Fixgehalt von CEOs mit bis zu zehn Mitarbeitern bei 161.397 Euro jährlich liegt.
Heinz Patzelt war mehrere Jahre CEO des Sportwettenanbieters Interwetten. Hier mehr Informationen zum Unternehmen Interwetten. Seit zwanzig Jahren bietet Interwetten Sportwetten online an und gehört damit zu den Pionieren der Branche, die insgesamt nicht ganz unumstritten ist. Das zeigen Skandale um Wettbetrug ob Fußball oder Tennis, siehe ein ARD-Spielfilm “Auf kurze Distanz” oder Spiegel-Recherchen. Und allgemein die Spielsucht mancher Player die einfach nicht mit dem Wetten aufhören können, siehe eine ZEIT-Kolumne.
CEOs als Experten
Karriere-Einsichten: Herr Patzelt, wie wird man ein Chief Executive Officer, also der Geschäftsführer eines Unternehmens?
Heinz Patzelt: Auf kurier.at sind dazu fünf entscheidende Punkte nachzulesen, die meiner Erfahrung nach den Nagel auf den Kopf treffen: Erstens sollte man auf mindestens einem der Geschäftsbereiche ein Experte sein.
Zweitens lässt einen der berufliche Erfolg ganz schnell auf der Karriereleiter nach oben klettern. Wenn Sie von allen Abteilungsleitern die besten Geschäftszahlen vorweisen können, wird Sie die Unternehmensleitung bei der nächsten Beförderung kaum übersehen.
Flexibilität im Denken und Handeln
Drittens müssen Führungskräfte flexibel im Denken und Handeln sein. Neues auszuprobieren und eine Offenheit gegenüber anderen Menschen, Trends und Technologien ist hier ganz wichtig. Viertens gehört natürlich auch ein starkes Selbstwertgefühl dazu. Ein Chef muss jemandem in die Augen blicken, überzeugen und motivieren können.
Und schließlich fünftens ist eine starke Persönlichkeit das A und O. Fachidioten schaffen es selten bis zum Geschäftsführer. Charismatische Persönlichkeiten, die begeistern können, Vertrauen ausstrahlen, selbst haben und auch einfordern können und deren Handeln von Weitblick, Mut und Durchsetzungsvermögen bestimmt werden, landen früher oder später in einer Führungsposition.
Karriere-Einsichten: Wie sind Sie ein Experte geworden auf dem nicht ganz unumstrittenen Gebiet der Sportwetten?
Heinz Patzelt: Bei mir war es so, dass ich mich von ganz unten nach oben hochgearbeitet habe. Ich habe als Praktikant angefangen, war später Mitarbeiter eines Wettshops, habe diesen dann geleitet, wurde zum Marketing-Vorstand befördert und übernahm im August 2002 den Posten des Vorstandsvorsitzenden von Firmengründer Wolfgang Fabian, der in den Aufsichtsrat wechselte. Das Durchlaufen aller Hierarchien verschaffte mir das nötige Basiswissen.
Karriere-Einsichten: Und sind mit Ihrem ersten Jahresgehalt als CEO dann Millionär geworden?
Heinz Patzelt: (lacht) Schön wär’s. Nein. Das Gehalt eines Vorstandsvorsitzenden setzt sich in der Regel aus einem fixen und variablen Teil zusammen. Der variable Teil kann dabei bis zu 30 Prozent ausmachen und hängt zum Großteil von den Finanzkennzahlen ab. Ein guter Jahresüberschuss oder Return of Investment treibt das erfolgsabhängige Einkommen natürlich nach oben.
Karriere-Einsichten: Rein theoretisch könnte also bei hervorragender Unternehmensentwicklung auch ein Millionengehalt dabei herauskommen?
Millionengehälter selten
Heinz Patzelt: Bei mir damals eher nicht. Die zentrale Rolle bei der Vergütung von Geschäftsführern spielt die Unternehmensgröße: Die Praxis beweist, dass Vorstände der weltweit größten Unternehmen sieben Mal mehr verdienen, als die Vorstände von mittelständischen Unternehmen. Zu meiner Zeit bei Interwetten hatten wir etwa 35 Mitarbeiter. Da sind Millionengehälter illusorisch.
Karriere-Einsichten: Der nachfolgenden Statistik zufolge haben Sie also etwas mehr als 200.000 Euro pro Jahr verdient?
Statistik zu den Gehältern von CEOs in deutschen Internetunternehmen nach Anzahl der zu verantwortenden Mitarbeiter. Laut Cribb lag das durchschnittliche Fixgehalt von CEOs mit bis zu 50 Mitarbeitern bei 206.355 Euro jährlich. Quelle: eigene Darstellung
Heinz Patzelt: Nun ja, die Statistik wurde zwölf Jahre später erhoben, als ich bei Interwetten als Geschäftsführer tätig war. Von daher müssen Sie schon noch ein bisschen abziehen, zumal das Internet damals noch am Anfang seiner Entwicklung war. Dass es eine so rasante Entwicklung nehmen würde, wurde zwar schon damals prognostiziert, aber ganz sicher waren sich die Experten noch nicht.
Karriere-Einsichten: Wie kommt es, dass CEOs von Internet-Unternehmen meist weniger verdienen als die Vorstände der Offline-Wirtschaft?
Heinz Patzelt: Aktuell finden sich in den Listen der größten Unternehmen der Welt immer noch vorwiegend Öl- und Gaskonzerne, Energieversorger, Automobilkonzerne, Versicherungen, Banken und Pharmaunternehmen. Internetgiganten wie Google, Facebook, Microsoft oder Amazon bilden hier eher die Ausnahme als die Regel. Die Webseite harvardbusinessmanager.de hat ein Ranking der besten CEOs der Welt nach einem komplizierten Punktesystem erstellt.
Diese Liste wird von Amazon-Chef Jeff Bezos angeführt. Aus Deutschland haben es in die Top 100 lediglich fünf CEOs geschafft: Elmar Degenhart von Continental (Reifenhersteller) auf Platz 19, Ulf Schneider von Fresenius (Gesundheitswesen) auf Platz 41, Wolfgang Reitzle von der Linde AG (Anlagenbau) auf Platz 59, Herbert Hainer von Adidas (Sportartikelhersteller) auf Platz 73 und Martin Winterkorn von VW (Automobilindustrie) auf Platz 89. Also alles Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe.
In der Offline-Welt fließt noch mehr Geld
Die B2C E-Commerce-Umsätze sind in Deutschland von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 41,7 Milliarden Euro im Jahr 2015 gestiegen. Trotzdem machen diese Umsätze lediglich etwa zehn Prozent der Gesamteinzelhandelsumsätze aus. In der konventionellen Wirtschaft fließt also immer noch mehr Geld. In der Zukunft wird sich das aber immer mehr zugunsten des E-Commerce verschieben. Und bald wird auch Zalando-Chef Robert Gentz annähernd so viel verdienen wie Carsten Spohr von Lufthansa.
Karriere-Einsichten: Es gibt CEOS deren Gehalt die Milliardengrenze übersteigt…
Heinz Patzelt: Auch das gibt es, ja. Der Branchendienst Institutional Investor’s Alpha erstellt regelmäßig Listen zu den bestverdienenden Hedgefonds-Managern. Demnach verdiente 2014 der Gründer und Chef der Hedgefonds-Gruppe Citadel rund 1,3 Milliarden Dollar.
Den zweiten Platz belegte James Simons von Renaissance Technologies mit einem Jahresgehalt von 1,2 Milliarden Dollar. Raymond Dalio, Chef von Bridgewater Associates, landete mit 1,1 Milliarden Dollar Jahresverdienst auf Platz drei.
Karriere-Einsichten: Demnach spielt auch die Branche bei den CEO-Gehältern eine Rolle?
Heinz Patzelt: Zum Teil ja. Führungskräfte in umsatzstarken Branchen wie der Chemieindustrie verdienen etwa ein Fünftel mehr als der branchenübergreifende Durchschnitt. Chefs der kostenintensiven Hotellerie oder von gemeinnützigen Organisationen müssen da schon Abstriche machen.
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Heinz Patzelt war einige Jahre Geschäftsführer beim international operierenden Sportwettenanbieter Interwetten.com. Danach entschloss er sich sein eigener Chef zu werden und gründete die Sportfreunde Informationsdienste GmbH.