Alexa, Siri und wie sie alle heißen – smarte Systeme nehmen Einfluss auf unseren beruflichen wie privaten Alltag. Künstliche Intelligenz (KI) bildet die Grundlage für sämtliche Technologien, die Menschen tagtäglich nutzen. Alexander Steiner schlüsselt uns das auf…
Die Digitalisierung fordert von Unternehmern eine Neuorientierung und Umstrukturierung ihrer Geschäftsprozesse, veraltete Technik weicht neuen Systemen. Einige Betriebe setzen bereits auf die Automatisierung von Geschäftsprozessen mithilfe von Robotic Process Automation (RPA). Beide Technologien scheinen von außen betrachtet unmittelbar miteinander verwoben. Aber bedingt das eine wirklich das andere?
Gut kombiniert
Beim Einsatz von Software-Robotern werden repetitive Routinetätigkeiten, beispielsweise in den Bereichen Rechnungswesen, Gehaltsabrechnung, Compliance oder Kostenprüfung, – allgemein verwaltende Aufgaben – weg von Mitarbeitern, hin zu virtuellen Kollegen verlagert.
Durch die Entlastung können sich die menschlichen Arbeitskräfte wieder Aufgaben widmen, die individuelles Urteilsvermögen, Entscheidungskraft und Interaktion erfordern. Die nächste Stufe der Automatisierung bildet die Verbindung von RPA mit künstlicher Intelligenz: Systeme treffen eigene Entscheidungen, lernen dazu und optimieren Vorgänge selbstständig. Dabei kann KI Aufgaben zuweisen, die im nächsten Schritt von RPA ausgeführt werden. Die Software-Roboter stellen die Hände für das Großhirn, die kognitiven Systeme, bereit.
Auswirkungen auf menschliches Tun
Automatisierungen verändern die Art der Handlung von Menschen. Gerade wenn künstliche Intelligenz im Spiel ist, kann sie sich auch auf Entscheidungen auswirken – der Einfluss der Technologie wächst. Das sehen sieben von zehn Managern in der nahen Zukunft bis 2025.[1]Digitale Assistenten bieten Potenzial für die Unternehmensentwicklung.
Um Geschäftsprozesse zu optimieren, müssen RPA und KI jedoch keinesfalls immer zusammen auftreten. RPA verwendet – wie ein vegetatives Nervensystem – einfache, regelbasierte Abläufe. Sowohl das Training als auch die Ausführung sind deutlich weniger aufwendig als die Einführung von KI. Allein der Hype-Faktor fehlt an dieser Stelle.
Legitimität von Entscheidungen des Bots
KI ist, anders als viele denken, keinesfalls von Anfang an „intelligent“. Die Programmierung erfordert mühselige Arbeit sowie gefilterte und stark aufbereitete Daten, um der Automation das selbstständige Lernen beizubringen. Risiken wie mangelndes Verständnis für getroffene Entscheidungen der KI, eventuelle Verletzungen des Datenschutzes, aber auch fehlendes Know-how und die Sorge der Mitarbeiter um deren Arbeitsplatz gilt es gleich zu Projektbeginn aufzuklären und zu vermeiden.
KI keinesfalls von Anfang an „intelligent“
Alexander Steiner
Nur mit viel Erfahrung und Aufwand gelingt es, den Bot dazu zu bringen, Entscheidungen zu treffen, daraus zu lernen und die Programmierung selbstständig zu ändern, um schlussendlich den Pflegeaufwand zu minimieren.
KI oftmals noch Wunschdenken
Überprüfungsprozesse stellen aufgrund mangelnder Dokumentation beim Einsatz von kognitiven Systemen ein Problem dar – ebenso wie die Anfälligkeit für Manipulationen von außen. Die Compliance im Unternehmen ist gefährdet, sobald die Sicherheit und genaue Nachvollziehbarkeit der Abläufe nicht mehr garantiert werden können.
Weniger Zukunftsmusik spielt der alleinige Einsatz von RPA bei Automatisierungsprojekten. Die taktische Lösung bietet Hilfestellung bei akuten Problemen und kann schnell sowie kostengünstig repetitive Prozesse automatisieren. „Hip und sexy“ muss die Methode an dieser Stelle nicht sein. Wer RPA bereits erfolgreich eingesetzt hat, kann die Erfahrungen und die in dieser Zeit durch das RPA-Tool generierten Daten nutzen, um zu einem späteren Zeitpunkt auch KI einzuführen.
Struktur schaffen
Heute trifft KI eher in einer nebengeordneten Rolle auf RPA – dort, wo große Datenmengen verarbeitet werden, beispielsweise in den Bereichen Personalmanagement bei der Durchführung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Neueinstellungen, Transfers, Abgängen oder Mitarbeiter-Onboardings, aber auch in der Versicherungswirtschaft, bei der Richtlinienverwaltung oder Schadenbearbeitung, sowie in der Finanzbranche, etwa beim Rechnungswesen.
Mithilfe von Optical Character Recognition(OCR) extrahiert KI Daten aus unstrukturierten Texten wie E-Mails. Diese werden an einer bestimmten Stelle abgelegt und unter Einsatz einer Big-Data-Analyse oder Mustererkennung aufbereitet. So kann das RPA-Tool die Informationen verwenden, um die regelbasierten Prozesse durchzuführen.
Fazit
Qualität und Quantität müssen stimmen: Viele Unternehmen sind noch nicht bereit für den Einsatz künstlicher Intelligenz und müssen zunächst aus Automatisierungsprojekten mit RPA lernen. Auch den ausreichenden Schutz der zu bearbeitenden Daten müssen die Verantwortlichen jederzeit gewährleisten und ganz nach oben auf die Agenda setzen, bevor der Hype-Faktor KI sich als Game-Changer etabliert.
Über den Autor: Alexander Steiner ist Chief Solution Architect der meta:proc GmbH in Köln und übersetzt Kundenanforderungen in technisch umsetzbare Lösungen. Dabei nutzt er zuvor gemeinsam entwickelte Strategien, um die RPA-Implementierung optimal und möglichst nahtlos in eine existierende Unternehmens- und Prozesslandschaft einzubetten. Weitere Informationen unter www.metaproc.com…
[1] Studie: Künstliche Intelligenz verändert heute die Prozesse, morgen die gesamte Unternehmensstrategie – Sopra Steria Consulting (2017).
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