Unzufriedenheit, Stagnation, Frustration. Jeder kennt diese Indikatoren, doch wenn die Ursache dafür der Job ist, sollte man sich über eine berufliche Veränderung, einen Quereinstieg, Gedanken machen. Anders als viele vielleicht denken, werden Quereinsteiger im Unternehmen nicht benachteiligt, sondern sind oft sogar explizit erwünscht. Ein Gastbeitrag von Oliver Koch…
Während es früher üblich war das Berufsleben in seinem Ausbildungsbetrieb zu verbringen, ist es heute nichts Ungewöhnliches mehr nicht nur den Arbeitgeber mehrmals zu wechseln, sondern auch in einer komplett anderen Branche zu arbeiten. Unter anderem durch die Digitalisierung sind in den letzten Jahren eine Vielzahl neuer Jobs entstanden, die es vorher schlicht nicht gegeben hat.
Dadurch erweitert sich das Feld der für Quereinsteiger geeigneten Berufe. Eigentlich gibt es nur die sogenannten geschützten Berufsbilder, wie beispielsweise Apotheker, Arzt, Psychotherapeut oder Rechtsanwalt, für die eine abgeschlossene langjährige Ausbildung nötig ist. Trotzdem haben sich einige Berufe und Branchen entwickelt, in denen vermehrt Quereinsteiger zu finden sind. Das sind zum einen die Lehrer-, Erzieher- und Pflegeberufe und zum anderen die Medien- und IT-Branche. Auch der Bereich der Unternehmungsberatungen ist bei Quereinsteigern wegen der guten Einstiegsmöglichkeiten hoch im Kurs.
Laut einer aktuellen Studie des Presseportals Hamburg, in der 197.947 Daten ausgewertet wurden, kommen die Mitarbeiter in diesem Bereich aus 248 verschiedenen Studienfachrichtungen.
Unternehmen wollen Quereinsteiger
Der deutsche Quereinsteiger ist durchschnittlich zwischen 30 und 35 Jahren alt, hat eine abgeschlossene Berufsausbildung und bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt denn je. Viele Unternehmen sind explizit auf der Suche nach Quereinsteigern, da sie Vielfalt, Erfahrungen anderer Branchen und eine neue Perspektive ins Team bringen.
Bei einer Einstellung kommt es den meisten Unternehmen deswegen auch weniger auf vertiefte fachlichen Kenntnisse an, es wird mehr Wert auf die Erfahrung, die Motivation zum Branchenwechsel und die Persönlichkeit des Bewerbers gelegt. Wer sich für einen Quereinstieg entscheidet, hat sich das gut überlegt, die Konsequenzen abgewogen und sich dann bewusst für eine neue Richtung entschieden.
Es ist dann die Aufgabe des Arbeitgebers eine umfassende und intensive Einarbeitungsphase zu gestalten, damit der neue Mitarbeiter über die Abläufe und Prozesse im Unternehmen Bescheid weiß und ihm gleichzeitig auch die fachlichen Schwerpunkte der Firma näher gebracht werden können.
Karrierechancen für Quereinsteiger
Grundsätzlich gelten für Quereinsteiger die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten wie für alle anderen Mitarbeiter im Unternehmen auch. In vielen Firmen gilt es einen Weg mit fest installierten Stationen zu absolvieren, wenn man beispielsweise eine Führungsposition anstrebt. In solch einem Fall ergeben sich für einen Quereinsteiger zwei Perspektiven: Entweder er geht diesen Weg genau wie vorgesehen, fängt also in dem Unternehmen auch bei Null an und weicht einzig durch den Altersunterschied von den gleichpositionierten Kollegen ab.
Oder er kann die Erfahrungen aus seinem vorigen Job auf den neuen anwenden und steigt dadurch höher auf der Erfolgsleiter ein. Diese Optionen hängen stark von den individuellen Karriereprozessen im Unternehmen ab und stehen auch in Bezug zu der Intensität der abgeschlossenen Weiterbildung oder Umschulung.
„62% aller Berufsbilder in Deutschland benötigen keine festgelegte Ausbildung oder einen spezifischen Studienabschluss“
Darüber hinaus ist es ein begünstigender Karrierefakt für Quereinsteiger, dass 62% aller Berufsbilder in Deutschland keine festgelegte Ausbildung oder einen spezifischen Studienabschluss benötigen. Eine Erhebung der Bundesregierung bestätigt, dass sich diese berufliche Flexibilität auch in keiner Weise auf das Gehalt auswirkt. Ein Beschäftigter in der Unternehmensberatung, egal ob Quereinsteiger oder nicht, verdient jährlich im Durchschnitt 60.500 Euro, was deutlich über dem allgemeinen deutschen Durchschnittsgehalt liegt.
Quereinstieg: Herausforderungen
Als Quereinsteiger muss man sich bewusst sein, dass man sich seine eigene Nische in der Berufswelt schaffen muss. Dafür ist es entscheidend seine eigenen Talente und Fähigkeiten bei potenziellen Arbeitgebern überzeugend anpreisen zu können und auch persönlich voll und ganz hinter der Idee des Branchenwechsels zu stehen. In diesem Zuge muss der Quereinsteiger vor allem seine soft skills hervorheben, die für jedes Unternehmen branchenunabhängig wichtig sind, wie zum Beispiel Flexibilität, Sozialkompetenz, Engagement, Lernbereitschaft und ähnliches. Der Bewerber sollte sich als Gesamtpaket verkaufen, als Mehrwert für das Team.
5 Punkte, die es zu beachten gilt
Zusammenfassend können fünf Punkte angeführt werden, die man als Branchenfremder vor und während einer Bewerbung beachten sollte:
- Erstens, vorab kurze Erfahrungen, zum Beispiel durch ein Praktikum in dem potenziellen neuen Beruf, sammeln, damit man sich seiner Sache den gelernten Beruf aufzugeben wirklich sicher sein kann.
- Zweitens, sich intensiv sowohl über das jeweilige Unternehmen, als auch über die Anforderungen im Beruf allgemein informieren. Durch dieses Wissen kann der Bewerber seinen Willen suggerieren die berufliche Veränderung zu wagen.
- Drittens sollte der Quereinsteiger seine Motivation hinter dem Branchenwechsel offen und ehrlich kommunizieren und auch eventuelle Fehler bei der Studiums-/Ausbildungswahl einräumen.
- Viertens die Bereitschaft zu lernen und sich ständig weiterzubilden. Für den Arbeitgeber ist es wichtig zu wissen, dass der Fachfremde nicht in seinem aktuellen Wissensstand stagniert, sondern auf Dauer auch eine Fachkraft werden kann.
- Und fünftens, das Ass im Ärmel eines Quereinsteigers: die Authentizität der eigenen Persönlichkeit.
Fazit
Mit der richtigen Umschulung und den darauffolgenden Weiterbildungen, mit der richtigen Motivation und Einsatzbereitschaft und mit einem modernen und offenen Arbeitgeber, kann ein Quereinsteiger ebenso eine Karriere hinlegen, wie ein herkömmlich Ausgebildeter.
Über den Autor: Oliver Koch ist Geschäftsführer der SOLCOM GmbH, eine der besten Adressen, wenn es um die Besetzung von IT- und Engineering-Projekten mit freiberuflichen Spezialisten geht. Als Pionier dieses Modells ist das Unternehmen mit bundesweiten Standorten darauf spezialisiert, hochqualifizierte Experten bei namhaften Kunden in allen Branchen und Technologien einzusetzen. Mehr Infos zur Karriere bei SOLCOM: https://karriere.solcom.de/index.html
Artikelbild: loreanto/ Shutterstock