Große Unbekannte oder große Chance? Fast jede(r) hat zum Thema „Künstliche Intelligenz“ eine Meinung. Und es gibt viele, die vom Erfolg der Industrie 4.0, dem Internet der Dinge und eben künstlicher Intelligenz überzeugt sind. Ich habe mich mit Ivan de Castro, Masterstudent und Fachinformatiker, auf die Suche nach den sinnstiftenden Jobs der Zukunft gemacht…
Wir sind mitten im Musterländle unterwegs, in der Nähe von Stuttgart. Hier verbringe ich einen Tag mit Ivan de Castro – er hatte sich zuvor mit seinem LinkedIn-Profil für diesen Tag beworben. So besuchen Ivan und ich den im Oktober 2015 eingeweihten Knotenpunkt der weltweiten Forschungsaktivitäten von Bosch, nämlich den Forschungscampus in Renningen bei Stuttgart. 1400 Mitarbeiter tüfteln hier an den Lösungen für morgen. Journalisten-Kollegen berichten in der Stuttgarter Zeitung gar von einem „Inkubator für ungewöhnliche, ja vielleicht sogar spinnerte Ideen“.
Der Bereich boomt: Bosch sucht nach Mitarbeitern (LinkedIn-Seite hier) und möchte daher MINT-Kandidaten einen Einblick in das Zentrum für Künstliche Intelligenz bieten – ganz ohne Bewerbung.
Warum boomt Künstliche Intelligenz? Denken wir mal zehn, zwanzig Jahre weiter. Selbstlernende, intelligente Sensoren und Systeme haben wiederkehrende Aufgaben übernommen, arbeiten präzise und machen uns das Leben einfacher – endlich können wir uns auf das konzentrieren, was uns wirklich Spaß macht – Hobbies, Freunde, Familie. Und was machen wir dann mit unserer neuen Freiheit?
Die Forscher denken, dass wir eben das tun, was Prozessoren so schnell nicht übernehmen werden: kreativ sein, sich sozial engagieren, empathisch auf unsere Umwelt reagieren. Mensch und Maschine wachsen so kontinuierlich zusammen. Und darin sind sich die Forschungsteams bei Bosch und anderswo auch einig – entgegen Hollywood-Filmen zum Thema, die meistens in einer Apokalypse enden, werden Roboter nicht die vollständige Kontrolle über unser Leben übernehmen.
KI-Skillset: Fähigkeit, permanent (um)zu lernen
Ivan will von den Boschlern wissen, was Forscher an Kenntnissen und Fähigkeiten mitbringen müssen, um im Hightech-Bereich zu performen. Und bekommt prompt eine Antwort von Lothar Baum, einem der Führungskräfte beim Bosch-Zentrum für Künstliche Intelligenz: „Problembewusstsein, analytische Skills und Methoden, auch hochkomplexe Zusammenhänge erkennen zu können“. Wissen im Bereich der Forschung und Entwicklung wird gesucht, das es so noch gar nicht gibt – eine Herausforderung für Schulen und Universitäten.
Wie technisch tief und aktuell kann die Ausbildung sein, wenn sich doch alles permanent weiterentwickelt, gar überschlägt und morgen vielleicht schon wieder völlig „out“ ist? Ein wichtiges Einstellungskriterium beim Technologie- und Dienstleistungsunternehmen mit weltweit etwa 390.000 Mitarbeitern bringt HR Recruiterin Laila Görlich auf den Punkt. Es ist die Bereitschaft, immer wieder Neues dazuzulernen – sei es in der Sensorik oder der künstlichen Intelligenz.
“Magisch anmutendes Thema”
Hier in Renningen und drüben in Kalifornien, im Silicon Valley, sowie in Bangalore beschäftigen sich etwa hundert Boschler speziell mit diesem magisch anmutenden Thema: künstliche Intelligenz. In der Region haben Partner aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft das Cyber Valley gegründet. Universitäten in Stuttgart, Tübingen und anderswo mischen ganz vorne mit, es ist ein Thema für schlaue Köpfe. Es gibt 1000 Möglichkeiten in der schönen, neuen und vernetzten digitalen Welt, beruflich vorwärts zu kommen.
Sinnstifter und Beruf(ung) im digitalen Zeitalter
Wie war das noch mit der Mär vom linearen Lebenslauf? No way, no more! Die Digitalisierung ändert alles, auch gängige Karriere-Muster. Ein Studium, ein Beruf und dann die Rente beim selben Arbeitgeber – das ist heute ein Modell von vielen. Und es passt irgendwie nicht mehr so ganz in unsere Zeit, den Entwicklungsstand der Technologie und den Bedürfnissen „unserer“ Generation Y. Da geht es viel weniger um Macht und Geld als vielmehr um Freiheit und Selbstbestimmung.
Doch zurück zu Ivan vor etwa zehn Jahren. Bei Alcatel-Lucent, mittlerweile von Nokia aufgekauft, macht er seine Ausbildung zum Softwareentwickler. Das reicht ihm aber nicht, er will mehr und macht an einer Oberschule sein Abitur auf dem zweiten Bildungsweg. Notenmäßig bewegte er sich zwischen eins und zwei, da habe er keine Probleme gehabt – schließlich liebt er Wissen.
Er habe aber auch Mitschüler erlebt, die Mitte 20, Mitte 30 richtig ins Schwitzen gekommen sind und froh waren, ihren Abschluss irgendwie in der Tasche zu haben. Hauptsache geschafft! Irgendwie. „Mich hat das damals ein bisschen irritiert“, so Ivan. Schließlich wollte er möglichst wenig dem Zufall überlassen und das bestmögliche Ergebnis erreichen.
Mehrere Jahre hat er als Business Analyst gearbeitet und beschreibt sich selbst in seinem LinkedIn-Profil als Weltbürger. „Ich arbeite in einem globalen Umfeld“, so Ivan. „Und das liegt vielleicht auch daran, dass ich in verschiedenen Ländern wie Portugal, Libyen und Deutschland aufgewachsen bin“. Auch während seines Studiums hat Ivan Auslandserfahrung in Spanien, Australien und Japan gesammelt. Nach seinem Master of Science will er als Projektmanager arbeiten. Und das überall auf der Welt, am liebsten in Hongkong! Aber auch Tel Aviv findet er spannend oder Stockholm, alles Orte mit einer bunten Mischung unterschiedlicher Kulturen, „Melting Pots“ – mit viel High-Tech-Firmen. Bei Bosch fühlt er sich auch genau an der richtigen Stelle.
Mensch und Maschine wachsen zusammen
Ivan besucht als nächstes bei Bosch das Meeting eines Entwicklungsteams. Sie diskutieren, gemeinsam mit Führungskräften, ihre Resultate. Die Themen heute: „Deep Neural Network“ und „Reinforcement Learning“. Gemeint sind Algorithmen, die selbstständig denken, ausprobieren und dazulernen. Mit dieser Materie beschäftigen sich bei Bosch interdisziplinäre Teams – meist mit naturwissenschaftlichem Hintergrund. So entwickelt eine Psychologin das Konzept für die Interaktionen zwischen Mensch und Maschine, während sich Ingenieure um die technischen Details neuronaler Netzwerke kümmern.
Big Data bietet neue Einblicke
Ivan hat sich bereits in jungen Jahren für Technologie begeistert. Muss es das BWL- oder Jura-Studium sein, um Karriere zu „machen“? Das verändert sich. Und damit auch die Fragen, welche Bewerber bewegen. Welches Skillset kann ich Industrie 4.0.-übergreifend aufbauen? Ist es vielleicht etwas, was Karriereberater, die in linearen Lebensläufen denken, so noch gar nicht auf dem Schirm haben?
Solchen und anderen Fragen geht LinkedIn als Netzwerk nach – die Daten von über einer halben Milliarde Nutzern weltweit, davon zehn Millionen im deutschsprachigen Raum, ermöglichen Einblicke in Lebensläufe. Fragen wie ‚Wenn ich heute Philosophie studiere – was werde ich dann?‘ können einfach beantwortet werden, indem sich Mitglieder beispielsweise die Lebensläufe von Menschen ansehen, die vor fünf oder zehn Jahren Philosophie studiert haben.
Höhepunkte sind spezielle Events für Mitglieder wie bei Bosch, siehe das eingebettete Video zum Beitrag (Link). Ivan ist der glückliche Auserwählte dieser Aktion. Hier ein paar Bilder:
Blick fürs Ganze: Verantwortung übernehmen
Sein LinkedIn-Profil hat er dafür optimiert – auch bei Praktika gibt er präzise an, was sie ihm gebracht haben an Lernzuwachs. Zeilen zu coden, das hat Ivan gelernt. Künftig will er „bei größeren Sachen“ dabei sein und Personalverantwortung übernehmen – gerne auch im Großunternehmen. „Hier gibt es Strukturen, wo du aufsteigen kannst“. Junior-Projektmanager, das wäre etwas für ihn. Dafür bringt Ivan eine ganze Menge an Skills mit – interkulturelle Kompetenz führt er als erstes an. Und dann Programmieren und Prozesse optimieren, sein Organisationstalent und Engagement, etwa bei „Enactus“ – einem der größten Netzwerke mit über 75.000 Studenten, welche die Welt auf unternehmerische Art verbessern wollen.
Und in seiner knapp bemessenen Freizeit? Da geht Ivan gerne als Erster früh morgens in die Boulderhalle und zieht sich mit so manchem waghalsigen Griff nach oben. Nach oben, das ist seine Richtung. „Aktuell zieht es mich einfach mehr ins internationale Business“, so Ivan. Und das will er nachhaltig erreichen. Einen guten Manager macht für ihn aus, dass er Mitarbeiter motivieren kann, antreibt und vom großen Ganzen, dem „Big Picture“, überzeugen kann. Das große Ganze – daraus zieht er seine Leidenschaft. Und auch seine Neugierde für Künstliche Intelligenz und andere Themen. Ivan betont das: „Neugier – und nochmals Neugier…“. Bei Bosch hat ihn das beeindruckt, dieser Forschergeist, mit Spürsinn und Fingerspitzengefühl die Karriere-Möglichkeiten von morgen zu entdecken…
Hinweis der Redaktion: LinkedIn hat mich, Jan Thomas Otte, als Blogger eingeladen und beauftragt, über diese Veranstaltung zu berichten.
Artikelbild/ Fotogalerie und Video: Agentur B-Reel im Auftrag von LinkedIn