Andreas Buchner mag Bananen. Am liebsten gelb und vollreif. “Die Konsumenten mögen sie lieber noch ein wenig hellgrün,” sagt er lachend und schüttelt den Kopf. Besuch bei einem ungewöhnlichen Business…
Die Tatsache dass Buchner gerne Bananen isst überrascht. Könnte man doch annehmen, dass er zumindest dem Geschmack gelben Südfrüchte irgendwann überdrüssig geworden sei – schließlich verlassen jede Woche 1-2 Millionen Bananen das Lager seines Betriebs. Zuvor durchlaufen die Früchte jedoch einen exakt durchgeplanten Reifeprozess – und das nicht etwa bei Sonnenschein und unter Palmen.
Wir stehen in der Bananenreiferei der Firma Hausladen. Gleich hinter der Einfahrt der Münchner Großmarkthalle liegt sie eingebettet in einen riesigen Gebäudekomplex. Der Traditionsbetrieb liefert Obst und Gemüse an Discounter in ganz Deutschland – Tomaten, Paprika und Zwiebeln genauso wie Zitrusfrüche und besagte Bananen.
Aus seinem Büro kann Andreas Buchner über die gesamte Anlage blicken, auch hinunter zu seiner Reiferei. Seit sein Vater den Betrieb übernommen hat, sind viele Jahre ins Land gegangen. Damals, in den 50er Jahren erlangten die Bananen ihre Reife noch am offenen Feuer – doch diese Zeiten sind vorbei.
Reifekammern der Globalisierung
Wenn der Sohn und aktuelle Geschäftsführer die garagengroßen Reifekammern vorstellt, wirkt er schon ein wenig stolz. “Pressreifung, die modernste Art der Bananenreiferei,” erklärt er in tiefstem niederbayrisch und lässt das Tor zu den Bananen langsam nach oben fahren.
Als der Münchner Betrieb vor etwa 80 Jahren gegründet wurde, transportierten die Mitarbeiter Kartoffeln noch mit Pferdefuhrwerken direkt vom Bauern zum Kunden. Heute stapeln sich in den hochmodernen Reifekammern die Kartons, prall gefüllt mit Bananen – ein wenig Exotik im konservativen Niederbayern, könnte man meinen.
Am Morgen ist eine neue Fuhre der Südfrüchte aus Kolumbien eingetroffen, etwa sieben Tage dauert es nun bis aus den ungenießbaren grünen Früchten voll aromatische Bananen werden. Gelb und mit kleinen schwarzen Punkten – so wie sie unsereins täglich im Supermarkt kaufen kann. Doch damit der Reifeprozess erfolgreich von statten geht muss von Anfang bis Ende alles bis auf das kleinste Detail stimmen. Also doch: Handwerkliche Präzision statt Südsee-Romantik.
“Reifekammer”
Wenn sich das Tor zur Reifekammer langsam schließt beginnt drinnen ein lautes Getöse. Riesige Düsen blasen Luft durch die Kammer Luft, die exakt auf 14,5 Grad temperiert ist. “Bisher lagen die Bananen in einem Art Winterschlaf, jetzt wecken wir sie auf,” erklärt Buchner und bricht eine grüne Banane auf.
Exoten und etwas Wissenschaft
Sie klingt wie ein Stück Holz und und ähnelt farblich auch eher einem Ast als etwas Essbarem – das Fruchtfleisch ist schneeweiß und brüchig hart. Bei 12,5 Grad schippern die Bananen aus Südamerika nach Deutschland – in einer Art Winterschlaf. Die Frucht besteht in diesem Stadium hauptsächlich aus Stärke.
Erst im Zielland angekommen soll sich dieser Zustand ändern. Bananen aus 90 Prozent Stärke will hierzulande nämlich keiner essen. “In der Reifekammer findet nun ein sogenannter Wärmesprung statt – die Stärke wird durch einen chemischen Prozess in Zucker umgewandelt” – Buchner ist ein Fachmann – drei Jahre lang hat er selbst als Reifemeister die gelben Exoten betreut, nun ist er Geschäftsführer – sein Fachwissen gibt er nach wie vor an seine Mitarbeiter weiter – schließlich ist die Bananenreiferei eine kleine Wissenschaft.
Der sogenannte Wärmesprung ist das Kernelement der Bananenreifung. Einmal eingesetzt, kann der chemische Prozess der Umwandlung von Stärke in Zucker nicht mehr angehalten werden. 5-7 Tage bleiben den Bananen dann um ihren Reifezenit zu erreichen – um so zu werden, wie der Durchschnittskonsument sie gerne kauft.
Hat der Wärmesprung erst einmal begonnen verläuft die Reifung fast von alleine. Doch die hohe Kunst des Reifens besteht darin, den Prozess so zu kontrollieren, dass alle Früchte am Ende den selben Reifegrad aufweisen – eine massenkompatible Optik ist gefragt. Buchner deutet auf zwei große, graue Gasflaschen, die auf den ersten Blick gar nicht ins Bild der kleinen Tropenkammern passen – deren Inhalt jedoch entscheidend zur erfolgreichen Reifung beiträgt.
18 Kilogramm Bananen für jedermann
Einmal im Laufe des Reifeprozesses begast der Reifemeister die Bananen. Weil man beim Wort Gas zunächst unwillkürlich zusammenzuckt und Bananen-Laien schon von der “chemischen Keule” schwadronieren, versichert Buchner unmittelbar: “Ethylen ist etwas ganz Natürliches, jeder Apfel, jede Kiwi produziert dieses Gas während der Reifung.”
Da die Banane nicht mehr mit der Staude in Verbindung steht, gibt der Reifemeister den Stoff künstlich hinzu und sorgt dadurch für einen geichmäßigen Verlauf der Reifung bei allen Früchten. Immer wieder weißt Buchner darauf hin, wie wichtig eine gleichmäßige Reifung ist – nichts wäre schlimmer als ein Karton voll unterschiedlich anmutender Bananen. Kein Discounter würde die Früchte dann mehr annehmen.
50 Millionen Bananen sind es, die jedes Jahr die Reifekammern der Firma Hausladen durchlaufen. Verpackt in 500.000 Kartons verlassen sie das Lager auf dem Weg zum Konsumenten.
Da der jedoch nicht immer gleichstark gewillt ist Bananen zu kaufen schwankt die Zahl der ausgelieferten Früchte je nach Jahreszeit. Kaltes und schlechtes Wetter wirken sich negativ auf das Kaufverhalten aus, “wenn heimische Früchte gerade Hochsaison haben merkt man das auch,” erklärt Buchner. Dennoch lohnt sich das Geschäft mit den gelben Tropenfrüchten. Rein statistisch gesehen isst jeder Deutsche pro Jahr 18 Kilogramm Bananen.
Über den Autor: David Seitz verzehrt Bananen am liebsten flüssig als Milchshake und dachte dabei bisher an Südsee-Strand und Palmen. Erst ein Besuch in der Bananenreiferei öffnete ihm die Augen: Dieses Bild hat mit der echten Bananenreifung nur wenig zu tun…
Artikelbild: Robert Przybysz/ Shutterstock