Greenwashing war gestern. Grüne Dienste schonen die Umwelt und sollen gleichzeitig ordentliche Gewinne erwirtschaften. Die erfolgreichsten Geschäftsmodelle im Bereich “Green Services”, die mit Gutem Geld verdienen…
Ob der Verzicht auf Papier im Büro durchs Einführen eines neuen Dokumenten-Management-Systems oder der Wechsel des Containers vom LKW auf die Schiene: Dienstleister verdienen mit diesen und anderen “Green Services” ihr Geld. Diese sollen nicht nur bestehende Unternehmen grüner machen, sondern dabei auch der Gesellschaft helfen, dass im Grunde nur so viele Bäume gefällt werden, wie sie auch gesund nachwachsen.
Sabrina Cocca vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart, unterscheidet zwischen “Green Services” im engeren Sinne und solchen, die ganze Branchen unterstützen. Das kann zum Beispiel “Green Consulting” sein, welches Dienste zum Steigern von Energieeffizienz anbietet – so genannte “green by Services”. Dahinter kann sich aber auch das Päckchen verbergen, welches mit dem Label “go green” frankiert und verschickt wird. Emissionen werden dabei zwar immer noch ausgestoßen, der kalkulierte CO2-Ausstoß durch andere Projekte wie das Wiederaufforsten von Wäldern aber kompensiert.
“Shared Value”
Katharina Tomoff, Leiterin für den “Shared Value” bei Deutsche Post DHL, verantwortet das “GoGreen”-Programm. In der Nähe vom Vorstandsvorsitzenden verankert, gehört das Umweltschutzprogramm zur Unternehmensstrategie. Vor fünf Jahren, so Tomoff, hätten sich die Manager bei Deutsche Post DHL das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die firmeneigene CO2-Effizienz um dreißig Prozent zu verbessern. Dazu kaufen sie nun bevorzugt Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, 95% der benötigten Energie in deutschen Standorten beziehe das Unternehmen bereits aus Ökostrom.
“Öko, ein Business Case”
Bei einer anstehenden Investition fragen sich Tomoff und ihre Kollegen, wie viel die umweltfreundliche Lösung kostet und was damit langfristig für die Umwelt eingespart werden kann. “Dabei gibt es Maßnahmen, die sich sehr schnell und stark rechnen”. Es gebe aber genauso andere Investitionen, bei denen der Konzern kurzfristig draufzahle oder lediglich eine schwarze Null schreibe, sich aber langfristigen Erfolg durch die Kundenbindung erhoffe.
So viel Grün steckt in Green Services
Ökologisch nachhaltig und gleichzeitig wirtschaftlich handeln, diese beiden strategischen Ziele gehören für die Fraunhofer-Forscher am IAO zusammen. Im Rahmen einer explorativen Studie unter technischen Dienstleistern, an der sich insgesamt 81 Unternehmen beteiligten, fragten die Wissenschaftler, welches Potential Unternehmenslenker im Vertrieb und der weiteren Entwicklung grüner Dienstleistungen sehen. Jedes zweite befragte Unternehmen will mit Green Services nicht nur Stammkunden im Grün-Werden unterstützen, sondern auch Kunden auf bisher noch nicht erschlossenen Märkten gewinnen. “Dies wiederum geschieht nur durch stetige Innovation”, erklärt Cocca.
Green Services werden bisher vor allem in Industriezweigen rund um Energie (80%) angeboten. “Meist handelt es sich hier um Dienstleistungen, bestehende Angebote nachhaltiger zu gestalten”, so Cocca, wie zum Beispiel ein effizienteres Energiemanagement. Hinzu komme dann das Schonen von Ressourcen – etwa durch den Einsatz erneuerbarer Energien. Weitere Dienste werden im Recycling (70%), dem Maschinenbau sowie Transport und Logistik (jeweils 60%) angeboten, so die Studienergebnisse.
Nachfrage steigt, stetig
Neben DHL spürt auch der Logistikanbieter DB Schenker eine steigende Nachfrage an grünen Diensten. Mit seinen “Eco Solutions” hat sich der Konzern seit über drei Jahren am Markt positioniert. DB Schenker hat sich dabei gleich mehrere Ziele gesetzt, erklärt Stefanie Grunberg, Unternehmenssprecherin im Bereich “Grüne Logistik”: profitabler Marktführer werden, Mitarbeitern sichere Arbeitsplätze bieten, die Umwelt schonen. Vom Einkauf, über Lieferantenauswahl, Produktion und Materialbewertung bis hin zu den eigenen Dienstleistungen: In den jeweiligen Ressorts des Konzerns sitzen nun Experten, die sich ausführlicher mit dem Thema „Green Services“ beschäftigen.
Dieses Engagement beeindruckt auch international. Letztes Jahr wurde der Konzern in Shanghai als „Bester Grüner Dienstleister – Logistikunternehmen“ ausgezeichnet. Und das Jahr zuvor wurde vom Deutsche-Bahn-Vorstand erstmalig der Titel des Chief Sustainability Officer (CSO) vergeben, allerdings ohne einen neuen Posten zu schaffen. Karl-Friedrich Rausch verantwortet bereits seit einigen Jahren die Logistik im Konzern auf Vorstandsebene.
Green Services müssen sich rechnen
Neben Logistikern profitieren Gebäudemanager vom Boom der Green Services, inklusive erster Fusionen und Akquisitionen. So kaufte 2013 der Multi-Service-Dienstleister SPIE, der sich unter anderem auf Facility Management spezialisiert hat, für 250 Millionen Euro diesen Bereich von HOCHTIEF. SPIE-Mitarbeiter überprüfen und optimieren Laufzeiten von technischen Anlagen, tauschen Beleuchtungen aus, erneuern Pumpen und Antriebe: vom mobilen Blockheizkraftwerk hin zum flexiblen Reduzieren von Energiekosten und Emissionen. Bei SPIE heißt diese Marke “blueFM”.
Für SPIE-Unternehmenssprecher Matthias Felten steckt hinter dem grünen Produkt eine Philosophie. Die „zweite Miete“ werde so langfristig planbarer, erklärt Felten den grünen Dienst. “Damit schafft ökologisches Handeln ökonomische Vorteile.” Vom Einsparen bei den Nebenkosten profitieren Industriekunden mit ähnlich grünen Absichten ebenso wie ein Immobilienfonds, der vor allem eine möglichst hohe Rendite in seiner Vermarktung erzielen will. Die Geschäftsphilosophie rechnet sich mit dem Kundenwunsch, nicht nur die Umwelt, sondern auch den eigenen Geldbeutel zu schonen.
Hoffnungsträger können morgen schon pleite sein
In anderen Bereichen scheuen Unternehmen noch die hohen Investitionskosten und das schwierig einzuschätzende Marktumfeld – nicht jeder “Green Service” ist von Erfolg gekrönt. Den Studienergebnissen von Fraunhofer zufolge rechnet mehr als jedes zweite Unternehmen mit dem möglichen Scheitern seiner grünen Dienstleistungen.
So musste die israelische Firma “Better Place”, einstiger Hoffnungsträger der Branche im Rennen um zukunftsfähige Elektromobilität, Mitte 2013 Insolvenz anmelden. Der angebotene Service, zuvor aufgeladene Batterien an Tankstellen gegen verbrauchte Speicher auszutauschen, wurde vom technischen Fortschritt überholt – einer höheren Reichweite neuartiger Batterien -, aber auch vom flotteren Marketing der Konkurrenz.
Eines der Unternehmen, die sich Nachhaltigkeit bereits länger auf die eigene Marke geschrieben haben, ist der schwäbische Textilhersteller TRIGEMA. Die Kommunikationspolitik des Unternehmens sei besonders transparent gestaltet, so Firmenchef Wolfgang Grupp. Man habe gegenüber Interessierten nichts zu verbergen, während andere Produzenten, durch den Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch jüngst in die Kritik geraten, nur Informationen zu ihren Produktionsmethoden preisgeben würden was sie tatsächlich müssten.
Green Services auf der Schulbank
Transparenz reicht von der TV-Werbung mit dem sprechenden Schimpansen über Betriebsbesichtigungen vor Ort im Werk Burladingen bis zu den zahlreichen, meist impulsiven Talkshow-Auftritten von Wolfgang Grupp. TRIGEMA-Kunden können sich die Wertschöpfungskette vom gesponnenen Baumwoll-Garn bis zum ökologisch abbaubaren T-Shirt selbst anschauen. Grupp: “Ich betrachte es als meine Pflicht, meine Mitmenschen in den Arbeitsprozess einzubeziehen und unsere Arbeitsplätze auch in Zukunft zu sichern.” So habe zum Beispiel jedes Mitarbeiterkind Anspruch auf einen Ausbildungsplatz in der Firma – inklusive anschließender Beschäftigungsgarantie.
Personalthemen wie das Erreichen einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit werden bei den meisten Green-Service-Anbietern als wichtig, aber nicht als besonders dringlich betrachtet. Obwohl Dienstleistungen meist ein klares “People Business” sind, räumt der Fraunhofer-Studie zufolge nur jedes vierte Unternehmen dem Personalwesen eine Schlüsselrolle ein. Dies widerspricht den Erfolgsfaktoren von Green Services, welche die Forscher ermittelt haben: “Nachhaltigkeit sollte nicht nur verkauft, sondern quasi aktiv im Unternehmen gelebt werden”.
Am Ende des Tages bestimmt in der von Angebot und Nachfrage getriebenen Betriebswirtschaft aber der Kunde über den Erfolg von Green Services. Nur Dienste, die auf längere Zeit genug Käufer finden, haben auch im freien Wettbewerb eine Chance. “Green Services werden nur von Kunden genutzt und gekauft, die den Nutzen darin sehen”, resümiert Sabrina Cocca vom Fraunhofer IAO. Dazu gehöre nicht nur ein allgemeines Umweltbewusstsein, sondern ebenso die Bereitschaft, selbst Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft zu übernehmen. Ein ziemlich breiter grüner Daumen also.
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