Kinder reicher Eltern fahren mit dem Cabrio zum Campus, ja? Über Vorurteile und Verantwortung der High Potentials. Eine Spurensuche..
Ihr Präsident hält solche Pauschalen für falsch, ein Drittel der Studis bestätigt sie nach eigenen Angaben. Es ist kurz nach acht. Der American-Barbecue-Abend hat gerade angefangen.
Rund 1.000 Studenten, davon 500 geladene Gäste von außerhalb, drängen sich ans Buffet. „Bald wird es kein Essen mehr geben“, säuselt einer der Studis ins Headset. Der Mann im schwarzen Anzug gehört zum Orga-Team. Entgegen der Etikette gibt es gebratene, saftige, aber auch spritzende Maiskolben.
Gar nicht so einfach beim ersten Smalltalk, niemand will sich blamieren. Wein aus den benachbarten Weinbergen gibt es nicht, erst morgen. Um halb zehn ist das Bier alle. Einige haben sich trotzdem betrunken, ein bisschen Party gemacht, Gefälligkeiten ausgetauscht.
Das Geld fehlt den Veranstaltern im Jahr der Krise, spürbar. Auch das Zelt wurde erst kurz vorher finanziert. In Hochzeiten spendierten das die Investment-Banken samt Champagner und Kaviar.
Wirtschaft, Banken und Boni neu denken
Unter dem Slogan „Rethink Capitalism“ üben sich die jungen Führungskräfte in einer neuen Bescheidenheit, manche bemüht, andere eher genügsam. So ist Marcel, BWL-Student in Mannheim, vor allem wegen der Inhalte hierhergekommen, den Vorträgen und Workshops.
Die meisten Studis, High Potentials und Young Professionals, betonen aber etwas anderes: Kontakte und globale Karriere-Möglichkeiten auf der Messe nebenan. Die Visitenkarten wurden bereits vorgedruckt. Eingeladen wurden rund ein Drittel der studentischen Bewerber, sagt Julius Hafer vom Presse-Team.
Auch Glaube spielt eine Rolle
Die EBS will international sein, Karriere-Sprungbrett, eingebettet im Jetset junger Talente zwischen Riesling-Reben und Frankfurt-Flughafen. Auf dem Campus steht sogar ein tibetanischer Tempel und im Schloss ist etwas spartanisch ein Gebetsraum eingerichtet. Zwei Gebetsteppiche liegen auf dem Boden, Gebetskettchen auf dem Tisch. Aber nur wenige gehen hier hin, zum Raum der Stille. Gott scheint im Geld-Tempel wenig Platz zu haben, munkelt ein Passant auf dem Flur.
Dabei sprechen der Schuhhändler Heinrich Deichmann und Weinprinz Michael zu Salm-Salm oben auf der Bühne ganz offen über ihren christlichen Glauben. Im Stillen haben sie in die Konferenzmappen ein rotes Büchlein gelegt, mit Fragezeichen und Ausruf: Was ist unsere Rolle, um diese Wirtschafts-Welt zu verändern?
Bewusster Arbeiten, Lob an Familien-Unternehmer
Hartmut Kreikebaum, Ethik-Professor an der EBS, bekennt das ganz persönlich. „Viele meinten, das sei ein Gefängnis.
Dabei macht mich mein Glaube an Jesus Christus erst wirklich frei“, sagt er. Menschen wieDeichmann undKreikebaum verleihen dem Symposium eine neue Tiefenschärfe, nüchtern und ruhig. Sie hätten vieles richtig gemacht, ihr Glaube habe ihnen dabei geholfen, bewusster zu arbeiten.
Die Studis hören diesen Rednern gebannt zu. Weil sie nicht oberflächlich wirken wie manche andere. „Eine Vorbildfunktion für Manager“, nennt es Johannes Schindler. „Und uns, die es noch werden wollen“, sagt sein Nachbar.
Moral gegen Macht des Marktes
Drogerie-Gründer Götz Werner hält es lieber allgemeiner. Er spricht von der Moral der Märkte, der Nachhaltigkeit von Vertrauen. Letzteres habe zu Salm-Salm in der Forstwirtschaft gelernt.
Seitdem will er diesen Anspruch im Finanzgeschäft umzusetzen, mit Wandelanleihen.
Dabei zitiert er auch die Goldene Regel. Gerade im Verzichten auf manchen Luxus, aber auch dem Umgang mit Scheitern sei ihm das wichtig geworden: Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst. Oder: Was du nicht willst, das man dir tu, das füge keinem anderen zu.
An der Elite-Uni gibt es dafür Sozialpunkte gegen Stuhlbeinsägen und Ego-Shooter.
Nachwuchs ist heute kritischer als vor der Krise
Der Vorstand des Symposiums, Johannes von Gottberg, denkt laut über einen Manager-Eid nach. Er sichert sich damit direkt den Applaus seiner Kommilitonen. Uni-Präsident Christopher Jahns lobt dagegen die Werte des Ehrbahren Kaufmanns, Idealen aus der Hanse-Zeit: Anstand, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Verantwortung.
Aber er macht auch klar, was hinter manchem frommen Lippenbekenntnis steckt. Die „Bottom-Line“ entscheidet, das Nettoeinkommen was am Ende herauskommt. Damit meint Jahns nicht nur das eigene Portemonnaie sondern auch das der Kunden, Chefs und Mitarbeiter. Ethik muss man sich demnach leisten können.
„Bottom-Line“
Nicht alle Studis sind an die EBS gekommen, weil sie schon immer Manager werden wollten. Manche erfüllen das Klischee eines Kindes reicher Eltern.
Manche Ausnahmen bestätigen die Regel. Alexander, „Quietschi“ im ersten Semester, machte zuerst den Pilotentest bei der Lufthansa.
Jetzt studiert er Wirtschaftsrecht, hat das Boot Camp überstanden. Andreas, ein Examenskandidat am Stehtisch, macht sich gerade mit einer neuen Supermarktkette bei Koblenz selbständig, vorher studierte er an der EBS fünf Semester Entrepreneurship.
Beratung und Banken werben um Talente
Diese Zielgruppen haben sich die Manager der EBS vorgenommen. Neben HSBC, UBS und Credit Suisse sind es die CEOs von Roland Berger und McKinsey, die auf dem Syposium eine halbe Stunde sprechen.
Viel hängen bleibt bei den Studis allerdings nichts. Frank Mattern spricht auf Englisch, bemüht um seine Haltung am Rednerpult. Das Beraterleben scheint auch an der Spitze in Krisenzeiten äußerst hart. Er fliegt wieder Economy.
In seinem Referat bestätigt Mattern den Trend der globalisierten Volkswirtschaften von West nach Ost, USA nach China. Auch er lobt die erneuerbaren Energien als Jobmotor. Mitbewerber Burkhard Schwenker macht seine These mit dunkler Raucherstimme deutlich.
Die sozialen Werte, die CSR, sei zwar im Kopf der Manager angekommen. „Jetzt muss sie noch gelebt werden“, sagt der gebürtige Mindener aus der Provinz, Ostwestfalen-Lippe.
Am nächsten Tag fangen die Top-Talente direkt damit an. In einem Kurs für Körpermanagement, um Stolperfallen wie dem Burn-Out vorzubeugen. Hinter einem gesunden Körper steckt auch ein gesunder Geist, meint man.
Informationen für 2011:
Das EBS-Symposium wird seit 20 Jahren von den Studenten des ersten Semesters der European Business School (EBS) unabhängig zur Hochschule organisiert. Das EBS Symposium bietet Führungskräften von morgen eine Plattform mit Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.
Durch den Austausch zwischen der Wirtschaftselite von heute und den High Potentials aus ganz Deutschland sollen neue Sichtweisen, Meinungen und Ideen generiert werden. Nochmals zum Cabrio. Die Porsches, BMWs und Mercedes waren Sponsoring – nicht jeder fährt einen Luxuswagen. Vorurteile stimmen eben nur manchmal.
Artikelbild: Monkey Business Images/ Shutterstock
12 Kommentare
Die Verantwortung der Unternehmung zwischen Markt, Staat und Gesellschaft – ein weites, wichtiges, spannendes, aber vor allen Dingen noch immer äußerst konfliktträchtiges Feld.
Unternehmerisches Handeln wird oftmals nur eloquent mit ethischen Werten geschmückt – die Interessen jedoch weiter eigennützig verfolgt – um das Fortbestehen der Unternehmung am Markt zu sichern – Realität oder Vorwand?
Ich werde bald mein BWL-Studium in Mannheim abschließen und stelle mir momentan wieder sehr oft die gleichen Fragen, wie ich sie mir vor dem Studium stellte – „warum möchte ich später einmal zur Arbeit gehen? Was verspreche ich mir eigentlich von dem angestrebten Job, der eigenen Karriere?” – um nicht als stromlinienförmiger Wirtschaftssoldat zu enden und einstige Ideale und Träume zu vergessen… .
Danke an „Karriere Einsichten“, dass es Anstöße liefert, um selbstkritisch über die eigene Zukunft zu reflektieren… .
@Sebastian: Mir geht es ähnlich. Ich denke, man muss immer seinen Prinzipien treu blieben. Dass das nicht immer leicht wird, ist klar, aber es ist es sicher wert!
So ist es!
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