Sandstein-Dokumente aus dem Mittelalter. Sie glänzen auf modernem Neon: 4 Tonnen Sandstein, 500 Jahre alt, bis zu 800 Kilogramm schwer. Das Restaurieren des Sandsteins sei in „mühevoller Kleinarbeit“ erfolgt, berichtet Alois Arnold, Chef der Münsterbauhütte…
Mit Kieselsäure habe man so manche bröselnde Verzierung der „steinernen Urkunden“ fixiert. Die Logistik vor Ausstellungsbeginn habe so etwas „vom Pyramidenbau im alten Ägypten“ gehabt. Übertrieben? Vielleicht.
Misst man es am Gewicht, ist es die schwerste Ausstellung in der Geschichte der süddeutschen Stadt. Mancher Mitarbeiter habe beim Manövrieren über mittelalterliches Kopfsteinpflaster „geschwitzt wie ein Sklave“, ergänzt Tobias Engelsing.
Der Direktor des Stadtmuseums denkt über eine angemessene Belohnung nach, vielleicht eine Butterfahrt über den Bodensee. „Heizdecken für geschundene Rücken“, die gebe es dann gratis dazu, scherzt der Historiker.
Steinmetz, im Mittelalter ein Karriere-Spungbrett
Zur Geschichte der Austellung, etwas Lokalkolorit. Anfang des 19. Jahrhunderts, nach Napoleons Niederlage, rissen die Konstanzer ihre Stadtmauer ab. Man suchte neuen Baugrund und fand dabei nur noch wenig Sinn im kostspieligen Unterhalten von Treppen und Türmchen.
Seitdem lagern viele Schmuckstücke im Depot, die vorm Abriss gerettet werden konnten. Ob Arkadenbögen, Kapitelle oder Figuren. Besonders schöne Stücke sind jetzt im Riechental-Saal zu besichtigen.
Ebenfalls ausgestellt sind die Werkzeuge, mit denen Steinmetze, Schmiede und andere Handwerksleute die „ewigen Steine“ im Mittelalter behauen haben: Setzwage, Spitzhacke und Winkel, Amboss und Nageleisen. Sogar ein Putzer-Aufzug für gotische Fenster ist zu sehen – mit Notbremse.
“Schnörkel und Konturen “
Ob die Köpfe von Jesus Christus, Kirchenvater Augustinus oder einem unbekannten König. Wappen ehemaliger Stadttore oder das Grab einer wohlhabenden Familie. Man darf staunen, wie filigran Handwerker ihre Schnörkel und Konturen meißelten. Heute könnte man dafür auch geschäumtes Altglas nehmen, mit dem Taschenmesser „eine billige Kopie ritzen“, meint ein Besucher, vor den Originalen stehend.
Jugendliche für Steine begeistern, ein Modellversuch
Die Veranstalter wünschen sich viele Besucher, nicht nur aus der Region. Sie wollen dabei auch mit drei Vorurteilen aufräumen, die mancher Interessierter vielleicht im Kopf habe: „Konstanz kann mehr als einen Papst wählen, Ketzer verbrennen oder 6000 Gäste bewirten“, sagt Engelsing. Für das 600jährige Konzilsjubiläum 2014 wolle man sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Da gehe es nicht nur um trockene Steine – auch ganz Alltägliches.
Wie bringt man das „sakrale Zeug“ gerade jungen Leuten näher? Darüber dachte man zusammen mit einer Werbeagentur nach. Die Kreativen entschieden sich für knallige Farben, für das Mittelalter einer eher ungewöhnlichen Kulisse: Neon-Grün, Lila und Orange.
Die Macher finden das modern und mutig, aber auch historisch. Statt gräulicher Depotstücke wollen sie Kontraste zeigen, die „Alltagskultur“ welche Menschen damals erlebt hätten. Mit Touch-Screens erklären dem Besucher, in welchem Raum die Steine einst verbaut waren.
Bis zum 30. Dezember 2011 (ab 15. April) können die „ewigen Steine“ im Kulturzentrum des Konstanzer Münsters besichtigt werden. Eintritt: 3 Euro. Unterstützt wird die Ausstellung unter anderem durch Mittel der Erzbischof-Hermann-Stiftung. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich etwa auf 110.000 Euro.
Über den Autor: Jan Thomas Otte versuchte sich auch mal im Steinmetzen. Hat aber nicht so ganz geklappt. Produkt nach einer Woche AG? Eine provisorische Sonnenuhr. Dann doch lieber tippen statt hämmern…
Artikelbild: Rafal Kubiak/ Shutterstock
Hinweis der Redaktion: Dieser Text ist Teil der Serie “Handwerk eines…”. Zum Beispiel auch eines Fischers, ebenso einer Putzfrau. Mehr finden Sie in der Suche unter “Handwerk“…