Die Inszenierung von Sasha Marianna Salzmanns “Im Menschen muss alles herrlich sein”, die Geschichten der vier Frauen, sie haben mich tief bewegt. Diese Gefühle und Gedanken möchte ich nun in Form eines Poetry Slams teilen…
Im Menschen muss alles herrlich sein. Vier Frauen auf der Bühne, Schatten ihrer Zeit, Geschichten tief verwoben, Vergangenheit befreit. Lena, Tatjana—Mütter, schwer beladen, mit Erinnerungen an Orte, die sie einst verlassen haben.
Gorlowka in den Siebzigern, wo alles begann, die Träume noch ungebrochen, das Leben nahm seinen Plan. Doch Zeiten ändern sich, Systeme kollabieren, die Heimat wird fremd, sie müssen emigrieren.
“Von der Vergangenheit besessen zu sein, ist nicht gesund”, sagt die Mutter zu der Tochter, doch der Schmerz geht um. “Eine zu haben, wäre schön”, entgegnet diese leise, zwischen ihnen eine Mauer, Worte finden keine Reise.
Edi und Nina, Töchter dieser Welt, suchen nach den Wurzeln, nach dem, was wirklich zählt. Doch das Schweigen der Mütter lässt sie oft allein, wie soll im Menschen alles herrlich sein?
Tatjana verkauft Schnaps, tanzt nur noch im Traum, die Bühne längst verlassen, Hoffnung kaum. Lena heilt die Wunden anderer Leute Haut, doch ihre eigenen Narben hat sie nie verdaut.
Im Auto auf der Straße, Edi und Tatjana vereint, eine Reise ins Ungewisse, die Vergangenheit erscheint. Fragen ohne Antworten, Blicke ohne Ziel, doch irgendwo auf dem Weg ergibt es plötzlich viel.
“Seit ich mit deiner Mutter sprach, richtet sich das Bild zurecht”, sagt Edi und erkennt, was lange war versteckt. Irgendetwas ruckelt sich, findet seinen Ort, die Splitter fügen sich zu einem neuen Wort.
“Lasst uns hören, lasst uns sprechen, lasst uns Brücken bauen”
Die Mütter schweigen, die Töchter schreien laut, zwischen ihnen das Ungesagte, das keiner wirklich traut. Die Heimat ein Kriegsgebiet, der Großvater auf der Flucht, Identitäten verloren in der Zeitenbucht.
Wie soll im Menschen alles herrlich sein, wenn Geschichte uns bedrängt, bricht in uns hinein? Doch Hoffnung liegt im Dialog, im offenen Verstehen, vielleicht können wir gemeinsam neue Wege gehen.
Der Abend in Konstanz hat mir gezeigt, dass in jedem Schweigen auch eine Stimme steigt. Lasst uns hören, lasst uns sprechen, lasst uns Brücken bauen, denn nur so können wir in eine bessere Zukunft schauen.
Artikelbild: Ilja Mess/ Theater Konstanz