Führungskräfte in Krankenhäusern stehen in Krisensituationen wie derzeit wegen der Covid-19-Pandemie enorm unter Druck. Täglich müssen sie Entscheidungen fällen und adäquate Lösungenfinden. Ein Beitrag von Christiane Fruht…
Jetzt kommt es für diese Berufsgruppe besonders darauf an, sich als verlässlicher, konsequenter Anführer zu präsentieren. Denn ohne Zweifel sind Führungskräfte für ihr Team verantwortlich: Sie tragen hauptsächlich dafür Sorge, dass sich Mitarbeiter nicht an die körperliche und psychische Erschöpfungsgrenze arbeiten, sie genügend Handlungsspielraum für die nötige Versorgung von Kindern und Angehörigen erhalten und zuverlässige Informationen aus erster Hand bekommen. Keine leichte Aufgabe, aber lösbar.
Nicht alles selbst erledigen wollen
Es wissenschaftlich erwiesen ist, dass Menschen unter Stress deutlich weniger empathisch reagieren und sich ihr Verhalten eher zum negativen verändert. Deshalb sollten Führungskräfte in schwierigen Situationen niemals ungehalten, fahrig und unkontrolliert auftreten, oder meinen, sie müssten jetzt alles selbst erledigen. Damit wäre nichts gewonnen, sondern das Gegenteil wäre der Fall. Man muss wissen, dass Auftreten, Tonlage, Gestik und Mimik vom Gegenüber genaustens registriert und gespiegelt wird. Was man selbst nicht in der Lage ist bestimmte Dinge zu leisten, kann man dies auch nicht von anderen erwarten. Doch gelingt es Führungskräften, eine Stimmung wie vor einem wichtigen Mannschaftsspiel zu kreieren, sind sie auf dem richtigen Weg.
Fels in der Brandung
Und da Führungskräfte auch nur Menschen sind, müssen sie sich von Zeit zu Zeit aus dem hektischen Geschehen herausnehmen und innehalten. Diese Phase kann dazu genutzt werden, um neue Energie zu tanken und um sich einen Überblick über Versorgungsprozesse und den Zustand des Personals zu verschaffen. Es besteht die Möglichkeit, auf einzelne Personen und ihre Probleme individuell einzugehen – emotional genauso wie rational. Führungskräfte sind in diesen unruhigen Zeiten ganz klar der Fels in der Brandung, die von Mitarbeitern auch so wahrgenommen werden sollten.
Die folgende Checkliste soll dabei helfen, die Situation zu meistern.
Führungskräfte-Checkliste während der Corona-Krise
- Seien Sie ehrlich. Sprechen Sie beim Eintreten der Ausnahmesituation sofort mit Ihren Mitarbeitern.Nehmen Sie die Situation in die Hand. Legen Sie einen Aktionsplan vor. Bitten Sie Ihre Mitarbeiter umUnterstützung. Strahlen Sie Zuversicht aus.
- Beteiligen Sie alle Mitarbeiter mit. Lassen Sie alle von der Krise Betroffenen Ihren Beitrag leisten. Auch wenn Sie mit Nebensächlichkeiten beauftragen. Jeder Mitarbeiter braucht das Gefühl, an der Lösung derKrise aktiv mitzuwirken.
- Unzufriedene Mitarbeiter einbinden. Setzen Sie sich mit den unzufriedenen Mitarbeitern bewusstauseinander, statt diese zu meiden. Ihr Ziel ist es, auch die Unterstützung dieser Mitarbeiter zugewinnen.
- Humor pflegen, auch wenn es schwerfällt. Entspannen Sie stressige Situationen durch Humor. Dieser distanziert, stärkt das Immunsystem und lässt neue Blickwinkel zu.
- Ernsthaftigkeit betonen. Signalisieren Sie, dass nichts auf die leichte Schulter zu nehmen ist und weisenSie die Mitarbeiter hin und wieder auf den Ernst der Lage hin. Sie dürfen das Ziel jetzt nicht aus den Augen verlieren. Beispielsweise durch Ihre strenge Anordnung, konsequent im Umgang mit den Hygienemaßnahmen zu sein. Damit unterstreichen Sie Ihre Fürsorge für die Mitarbeiter.
- Beratung durch Krisenstab. Beraten Sie sich mit ausgewählten Vertretern aller Berufsgruppen, um kluge Entscheidungen treffen zu können.
- Fehlerfreundlichkeit. Unter Druck entstehen erfahrungsgemäß auch Fehler. Thematisieren Siewohlwollend jene, die nicht zu tolerieren sind und drücken Sie Ihre Augen bei weniger schlimmen einfach mal zu.
- Ankündigung von Unannehmlichkeiten. Sollte die Situation so eskalieren, wie bei der Coronavirus-Krise in italienischen Kliniken, kündigen Sie frühzeitig an, was von den Mitarbeitern verlangt werden wird. So können Sie sich Ihre Mitarbeiter darauf einstellen und organisieren.
- Haben Sie ein offenes Ohr. Viele Mitarbeiter sind auch im privaten Umfeld von der Corona-Krisebetroffen. Hören Sie sich ihre Sorgen und Ängste an.
- Pflegen Sie Rituale. Rituale fördern die Kameradschaft. Ob Kaffee und Brezeln im Frühdienst oder die Pizzabestellung im Spätdienst. Zeigen Sie durch Großzügigkeit Ihren Dank. Dienen Sie IhrenMitarbeitern, damit diese einen guten Job machen können.
Über die Autorin: Christiane Fruht arbeitet seit über 12 Jahren als selbstständige Kommunikationstrainerin, Mediatorin, systemische Beraterin und Coach in Kliniken. Davor war sie 16 Jahre lang Krankenschwester in Halle und München. Im Jahr 2015 erschien ihr Ratgeber für die kompetente Krankenschwester „Ich komme gleich“.
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