Christoph Schütte ist Wirtschaftsinformatiker und bei einem Finanzdienstleister Schnittstelle zwischen Fachbereichen und IT. Neben Fremdsprachen wie Englisch und Niederländisch spricht er auch „Geek“ und „Sales“, um Anforderungen adressatengerecht zu übersetzen. Von Silke Blumenröder…
Wenn der gewöhnliche Büroarbeiter mit Powerpoint und Excel kämpft, lächelt Christoph Schütte nur müde. Confluence, Visual Studio und Jira sind Programme, die der Wirtschaftsinformatiker täglich nutzt und in denen er sich besser auskennt, als so mancher in seinen Outlook-Ordnern. Schütte arbeitet in Berlin bei Kapilendo.
Der Finanzdienstleister bringt auf einem Online-Kreditmarktplatz kleine und mittelständische Unternehmen mit Investoren zusammen. Als „Head of Product“ entwickelt der Wahlberliner die Plattform weiter.
„Naturwissenschaften und Informatik begeisterten mich schon als Kind“, sagt Schütte. Bereits als Teenager programmiert der Sohn eines Industrieschlosser-Meisters für den Arbeitgeber seines Vaters eine Software, die eine fehleranfällige Maschinensteuerung bereinigen kann. Danach steht fest, dass er beruflich IT-Strategien entwickeln will und zwar „so individuell, wie der Kunde sie braucht.“
Der gebürtige Westfale absolviert nach dem Abitur ein duales Studium an der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein. In den Praxisphasen arbeitet er bei einem Medienkonzern und entwickelt Software für ein redaktionelles System.
IT-Strategie: „so individuell, wie der Kunde sie braucht“
Der Wechsel in die Finanz-Branche folgt 2005. Über die nächsten Jahre lernt Schütte nicht nur, wie Produktmanagement funktioniert, sondern auch, was agile Softwareentwicklung bedeutet. Diese Praxiserfahrung hilft ihm heute, wenn er für Kapilendo Vertriebs- und Marketing-Sprech in Programmanforderungen übersetzt.
Übersetzungsdienste
„Das ist eine Dolmetscher-Aufgabe, für die Fremdsprachen nicht reichen“, beschreibt er augenzwinkernd seinen Job. Meist organisiert er Workshops mit den einzelnen Fachbereichen, um Anforderungen adressatengerecht zu erfassen und zu beschreiben. In diesen Runden sieht er sich vor allem als Moderator: „Ich schaffe den Rahmen dafür, das gesammelte Wissen aller Teilnehmer zu nutzen.
„Erst der Nutzen, dann die Kosten“
Etwa, wenn es darum geht, eine automatische Bonitätsprüfung zu entwickeln.“ Erst, wenn klar sei, welche Vorteile eine Neuerung Kunden und Mitarbeitern bringt, geht es ans Ermitteln von Kosten und Aufwand. Danach verteilt das Team die Aufgaben.
„Dabei behalten wir immer im Auge, dass unsere Kunden vorwiegend mittelständische Unternehmer sind“, erklärt Schütte. Denn was vor gut zehn Jahren über die Digitalisierung diskutiert wurde, sei gerade erst im Mittelstand angekommen. Die „Hidden Champions“, die bei dem Kreditmarkplatz eine Finanzierung anfragen, sind zwar oft Meister in ihrem Fachgebiet.
Digitaler Wandel
Der digitale Wandel hat in den kleinen und mittelständischen Betrieben jedoch meist erst begonnen. „Wir wollen den Unternehmern helfen, sich bei Finanzierungen breiter aufzustellen“, so Schütte. Dazu müsse die Plattform vor allem verständlich sein. „Das Ausfüllen des Anfrage-Formulars darf keine Hemmschwelle für einen potentiellen Kunden darstellen“, erklärt der Produktmanager. Gleichzeitig muss sichergestellt sein, dass ein Interessent alle für eine Kreditprüfung relevanten Daten angibt.
Schüttes Aufgabe ist es außerdem, Abläufe zu verschlanken. Ein Beispiel: Musste bis vor kurzem bei jeder Kunden-Anfrage noch manuell geprüft werden, ob das eingegebene Gründungsdatum eines Unternehmens korrekt ist, läuft inzwischen im Hintergrund eine automatische Abfrage, die diese Daten validiert. „Bevor ich vor einem knappen Jahr hier anfing, formulierte jeder Fachbereich seine Anforderungen an die IT noch selbst“, erklärt Schütte.
Innerhalb der dreieinhalbjährigen Firmengeschichte ist nicht nur das Team von sechs auf fast 60 Mitarbeiter gewachsen, mehr als 140 Projekte wurden inzwischen über den Kreditmarktplatz finanziert. „Weil das Unternehmen rasch gewachsen war, brauchte es eine Schnittstelle zur IT, bei der alle Fäden zusammenlaufen“, beschreibt der Wirtschaftsinformatiker, was seine Position heute ausmacht.
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