Vergessen Sie den Begriff Zeitmanagement! Der Tag hat 24 Stunden, ob wir sie nun managen oder nicht. Das ist für jeden gleichermaßen gültig. Einige Menschen scheinen sich davon jedoch wesentlich weniger stressen zu lassen als andere. Ein Gastbeitrag von Dr. Jens Tomas…
Obwohl sie scheinbar die gleiche Fülle an Aufgaben zu bewältigen haben. Woran liegt das? Ganz einfach: Die Zeit können Sie vielleicht nicht managen, wohl aber sich selbst. Das bedeutet: Wollen Sie in Zukunft entspannter durch den Tag gehen und trotzdem effektiver arbeiten, heißt Ihr neues Motto: Selbstmanagement.
Holen Sie sich Ihre Entscheidungskraft zurück
Für erfolgreiches Selbstmanagement müssen Sie anfangen, Ihren Arbeitsalltag bewusst in die Hand zu nehmen. Also Entscheidungen konsequent so zu treffen, dass sie Sie Ihrem persönlichen Ziel näherbringen. Das kann hart sein. Immerhin treffen wir täglich Tausende von Entscheidungen – die meisten innerhalb von Sekunden und unbewusst. Dabei helfen uns zum Glück Instinkt und Gewohnheit.
Wir entscheiden uns nicht bewusst dafür, uns morgens die Zähne zu putzen. Wir tun es einfach. Wäre dem nicht so, wäre unser Gehirn mit all den kleinen Aufgaben so überlastet, dass wir im Endeffekt gar nichts mehr schaffen würden. Die anderen Entscheidungen jedoch – die, die uns entweder am Ende des Tages zufrieden ins Bett fallen oder aber grübelnd wachliegen lassen – bedürfen eines stringenten Managements. Lassen Sie mich das an einigen Situationen verdeutlichen:
Arbeit unter Zeitdruck
Die Situation: Sie haben eine Deadline einzuhalten, die Sie auf keinen Fall verpassen oder überschreiten dürfen.
Die Lösung durch Selbstmanagement: Machen Sie diese Aufgabe ganz bewusst zu Ihrer Priorität. Bekämpfen Sie alle möglichen Ablenkungen schon an der Wurzel. Das bedeutet: Anrufe werden umgeleitet, E-Mails werden erst gelesen, wenn die Arbeit erledigt ist. Vielleicht haben Sie sogar die Möglichkeit, sich an einen anderen, ruhigen Ort zurückzuziehen.
„Erledigt oder… erledigt?“
Falls nicht, informieren Sie Ihre direkten Kollegen, dass Sie in den nächsten zwei Stunden nicht gestört werden möchten. So haben Sie bereits den perfekten Rahmen für ungestörtes Arbeiten geschaffen und können sicher sein, die Zeit optimal zu nutzen. Überlegen Sie als nächstes, ob es Teile der großen Gesamtaufgabe gibt, die drängender sind als andere. Dann erledigen Sie zuerst den Teil, der erledigt werden muss. Und dann den, der erledigt werden kann.
Dauerhaft motiviert bleiben
Die Situation: Durch eintönige Arbeit verfliegt Ihre Motivation zusehends. Sie können sich kaum noch aufraffen, zur Arbeit zu gehen. Das stresst unterbewusst.
Die Lösung durch Selbstmanagement: Durchbrechen Sie die Routine. Schon kleine bewusste Änderungen in Ihren Arbeitsabläufen können einen großen Effekt auf Ihre Motivation haben. Sie erstellen häufig Präsentationen? Wie wäre es, wenn Sie statt dem altbekannten PowerPoint mal eine andere Software nutzen? Neues zu lernen, aktiviert unsere Neugier und unseren Wissensdurst. Das sieht man dann am Ergebnis.
Eine simple Übung mit großer Durchschlagskraft ist auch folgende: Fragen Sie sich einfach mal wieder: Warum mache ich diesen Job? Irgendwann haben Sie sich für genau diesen Beruf entschieden. Wieso gleich noch einmal? Im Alltagsstress entgleiten uns oft die großen Ziele. Wenn wir aber wissen, wieso wir etwas machen, gehen wir auch motivierter an die Sache heran.
Trotz Stress gelassen und effektiv
Die Situation: Ein schwieriges Kundengespräch, eine entnervende Diskussion mit dem pubertierenden Kind oder ein aufreibendes Meeting lässt Sie verspannt und mit einem unguten Gefühl zurück. An Konzentration ist nicht zu denken.
Die Lösung durch Selbstmanagement: Lachen Sie den Stress weg. Es klingt banal, aber Lachen entspannt nachweislich unsere Muskeln und schüttet Endorphine aus. Klar, in der momentanen Situation denken Sie, es gibt nichts zum Lachen. Dann gilt: Fake it till you make it. Forscher haben herausgefunden, dass bereits das Anheben der Mundwinkel die Glückshormonausschüttung anregt. Tricksen Sie Ihren Körper aus, bis Sie wieder entspannt an die Arbeit gehen können.
Die Termine kommen von allen Seiten
Die Situation: Sie sitzen noch im Meeting, sollten aber eigentlich in zehn Minuten bei Ihrem Hausarzt sein. Die Kinder wollen von der Schule abgeholt werden, aber die Skype-Konferenz fesselt Sie an den Bildschirm.
Die Lösung durch Selbstmanagement: Terminüberschneidungen sind lästig und – das ist die gute Nachricht – in vielen Fällen vermeidbar. Gehen Sie am Anfang der Woche Ihren Terminplaner durch und überlegen Sie: Sind alle Einträge auf Ihrer Agenda wirklich persönliche Termine oder halten Sie sich eventuell für jemand anderen bereit? Sind die Kinder alt genug, um mit dem Bus nach Hause zu fahren oder können Fahrgemeinschaften mit anderen Eltern ausgemacht werden?
Der nächste Schritt ist das Delegieren. Geben Sie ab, was Sie nicht unbedingt selbst erledigen müssen. Für alle Termine, die dann noch übrigbleiben, gilt: Kommunizieren Sie klar und deutlich. „Ich erwarte Sie morgen früh um 10 Uhr.“ Statt: „Kommen Sie einfach morgen vorbei.“ Deutliche Terminvergaben verringern unterbewussten Stress. Entweder Ihre Verabredung erscheint oder nicht. Dann können Sie sich sofort der nächsten Aufgabe widmen.
Fazit: Selbstmanagement – Durch bewusste Entscheidungen zum Ziel
Egal, ob das Ziel heißt „entspannter werden“ oder „mehr Zeit für mich“: Machen Sie sich bewusst, wo Sie hinwollen. Dann richten Sie Ihre Tätigkeiten und Entscheidungen klar auf diesen Punkt aus. So stellen Sie sicher, dass Sie nicht wie ein Blatt im Wind hin- und hergetragen werden, sondern Ihren Tag wieder selbst in die Hand nehmen. Am Anfang bedarf es einer kleinen Eingewöhnungsphase. ¨
Schließlich haben Sie sich in den letzten Jahren bestimmte Verhaltensmuster angewöhnt, die Sie nun radikal aufbrechen müssen. Aber glauben Sie mir: Bereits nach einigen Wochen werden Sie die Veränderung deutlich spüren: In Ihrem Terminkalender, aber vor allem an Ihrem Wohlbefinden.
Über den Autor: Dr. Jens Tomas ist Keynote-Speaker, Autor und Management-Trainer. Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt er sich mit Sozialpsychologie und Kommunikationsmodellen. Als einer der Top-Experten im Bereich Business, Kommunikation und persönliche Entwicklung sind Veränderungsprozesse sein Spezialgebiet. Zu seinen Kunden zählen erfolgsorientierte Mittelständlern sowie nahezu alle DAX 30 Konzerne. 2017 gründete er das E-Learning-Modell „SmartSuccess – Erfolg auf ganzer Linie.“
Artikelbild: Aaron Amat/ Shutterstock