Vom freundlichen Mädchen aus der Provinz zur taffen Karriere-Frau in Berlin? Geht doch! Wer sich in der Männerwelt beweisen und Karriere machen will, der darf nicht nur freundlich sein. Es geht darum, sich durchzusetzen, tradierte Frauen-Muster abzulegen und jedes Hindernis mit Bravour und Humor zu meistern.
Susanne Kleinhenz klärt auf. Wir haben mit der Autorin und Speakerin gesprochen. Ihr Fazit nach über 20 Jahren in der Führungsriege eines Finanzdienstleistersr: „Wer in den hohen Etagen nur mit einem Lächeln und der eigenen Weiblichkeit bewaffnet ist, ist wie jemand, der mit einem Messer bewaffnet in eine Schießerei zieht.“
Karriere-Einsichten: Ihr Zitat klingt ja sehr martialisch. Was genau meinen Sie damit?
Dr. Susanne Kleinhenz: Ich möchte damit deutlich machen, dass es absolut unvermeidbar ist, dass Frauen sich in einer Männerwelt auch deren Sprache, Eigenarten und Rituale aneignen müssen. Damit meine ich nicht, dass sie sie für gut heißen sollen. Nur wenn man in einem Spiel gewinnen will, dann muss man seine Regeln erst einmal befolgen.
Und so ist das mit den Karrieren in einer Männerwelt auch. Wir Frauen haben da bisher keine Punkte gemacht, die Regeln sind eben noch durch und durch männlich. Auch das heiße ich nicht für gut, nur wenn wir sie ändern wollen, dann müssen wir erst einmal an die Spitze gelangen. Das aber gelingt uns nur, mit einem trojanischen Pferd. Frauen sollten deshalb die Spielregeln des Feldes, das sie erobern möchten, gut studieren und auch
Sobald eine paritätische Verteilung in den Vorstandsetagen erreicht ist, werden sich auch die Regeln in Richtung mehr ganzheitlichen Denkens, Humanität und eben in einen weiblicheren Umgangston ändern.
Karriere-Einsichten: Wie haben Sie erfahren, dass die Spielregeln der Finanzdienstleistungsbranche so männlich sind?
Dr. Susanne Kleinhenz: Ich habe im zarten Alter von 20 Jahren als Azubi in einer Versicherungsgesellschaft begonnen und mich dann stetig durch Weiterbildung und Ehrgeiz nach oben gearbeitet. Nach ca. 12 Jahren hatte ich dann durch einen Arbeitgeberwechsel meine erste erträumte Führungsposition. Ich sollte meine erste Akademie aufbauen und leiten.
Dahin bin ich gekommen, weil ich nie, nie, nie aufgegeben habe und mich immer an den Leitspruch meines Vaters gehalten habe, der mir schon als Auszubildende gesagt hat, dass eine Frau im Leben alles erreichen kann, was sie will, sich aber leider dreimal so viel dafür anstrengen muss wie ein Mann. Diesen klugen Tipp habe ich mir angenommen. Fortwährend strebte ich nach oben, bildete mich weiter, suchte mir Mentoren und verbannte Verhinderer aus meinem Leben.
Mentoren suchen und Bedenkenträger meiden
Karriere-Einsichten: Wie unterscheiden Sie diese beiden Typen: Mentoren und Verhinderer?
Dr. Susanne Kleinhenz: Ganz schädlich fand ich all die Freundinnen, die ein klassisches Familienleben angestrebt haben und ihre Zeit nicht für den Beruf oder Studium brauchten, sondern um den richtigen Mann zu finden. Es waren damals die 1980er, und ich hatte das Gefühl, dass sie sich gedanklich noch in den 1950ern befanden.
Diese Freundinnen brachten mich nicht weiter – und ich sie nicht. Denn ich war der Meinung, dass ihre Freunde und Männer, sie an ihrem eigenen Leben hinderten. Sie bekamen Kinder und blieben zu Hause. Ich ging von Nürnberg nach Berlin. Dort war das Leben für eine ehrgeizige Frau leichter, weil die Denkweise dort moderner war.
Arbeiten an der Bühnenpräsenz
Es gab Gott sei Dank in meiner damaligen Firma Chefs, die mein Karrierestreben gut fanden und förderten. An die hielt ich mich und befolgte ihre Tipps: halte dich privat von Kollegen fern, lerne richtiges Kommunizieren, übe dich in Rhetorik und arbeite an deiner Bühnenpräsenz. Diese Empfehlungen beherzigte ich so gut ich konnte. In Berlin baute ich mir einen privaten Freundeskreis auf und ging auch schon Mal feiern, aber die meiste Zeit investierte ich in mein nebenberufliches Studium.
Karriere-Einsichten: Was raten Sie aufstrebenden Frauen heute in Ihrem Buch „Bossy ist das neue freundlich“?
In diesem Buch geht es vor allem darum, wie Frau ihre Karriere plant und durchzieht – und das mit viel Spaß und Leichtigkeit.
“ein Karriere-Booster”
Es geht zunächst darum herausfinden, was man wirklich will. Nicht jede Frau ist für eine kompromisslose Karriere geeignet. In Bossy geht es darum, wie Frauen bis an die Spitze kommen können. Es ist ein Karriere-Booster, ein Ratgeber, der Frauen sagt, wie sie in einer Männerwelt Boss werden.
Es geht darum, behindernde Werte und Glaubensmuster abzulegen und eine neue Sprache zu lernen. Die Männersprache ist wesentlich einfacher als die Sprache der Frauen. Sie ist körperlicher als sie intellektuell ist. Sie ist kraftvoll – und es geht niemals darum, wer der sympathischste ist, sondern immer darum, wer gewinnt.
Karriere-Einsichten: Was sind die wichtigsten Regeln, die Frauen befolgen sollten, um erfolgreich zu werden?
Dr. Susanne Kleinhenz: Hier würde ich zunächst einmal fünf Fragen vorschlagen, die sich Frauen beantworten sollten:
Das Handeln dem erwünschten Ziel unterwerfen
- Was ist mein Ziel? An welcher Stelle möchte ich in 10 Jahren sein?
- Welchen Preis bin ich bereit dafür zu bezahlen? Bin ich bereit evtl. auf Familienglück und Kinder zu verzichten? Wie belastbar bin ich wirklich? Was kann ich tun, um belastbarer und nervenstärker zu werden?
- Welche Ausbildung/ Weiterbildung brauche ich? Wie kann ich diese erwerben?
- Wer sind meine Mentoren, wie bringe ich sie dazu, dass sie mich unterstützen? Niemand schafft es ganz alleine an die
- Bin ich bereit, mein Handeln stets mit meinem Ziel abzugleichen? Es ist erforderlich, sich immer zu fragen, was einen die eigenen Handlungen einbringen.
Karriere-Einsichten: Warum wollen Sie, dass Frauen an die Spitze kommen? Es ging doch bisher ohne sie ganz gut…
Dr. Susanne Kleinhenz: Naja, wenn man den Abgasskandal und ab und zu eine Finanzkrise in Kauf nimmt, kann man sicher sagen, es ging ganz gut. Wir wissen ja auch nicht, wie es anders wäre. Betrachtet man aber Studien aus den USA, so kann man mit Sicherheit behaupten, dass Firmen mit gemischten Vorstandsteams weitaus erfolgreicher sind als männliche geführte Unternehmen.
Das ist der eine Grund, außerdem denke ich, dass Frauen, so hart sie auch evtl. auf ihrem Weg nach oben geworden sein mögen, immer umsichtiger, ökologischer und humaner führen werden als Männer das tun. Frauen ist das Gebären, Beschützen und Nähren nun einmal näher und Männern das Zerstören. Sicher braucht man immer beides. Das Zerstören und das Neuaufbauen.
Zeit für einen Wandel
Aber ich finde, unsere Welt ist an einem Punkt angekommen, an dem ein weiblicherer und umsichtiger Umgang mit allem an der Reihe ist und das können gemischte Teams wesentlich besser. Außerdem ist es einfach an der Zeit, dass wir uns über diese tradierten Geschlechterrollen hinwegsetzen können. Wer sagt denn, dass Frauen die besseren Kindergärtner sind. Es wird Zeit für einen Wandel.
Karriere-Einsichten: Was unterscheidet Sie von anderen Coaches, die sich auf das Thema Karriere und Frauen spezialisiert haben?
Es ist die Vielfalt meiner Erfahrung. Jedes Ärgernis, über das eine Businessfrau heute stolpert, hatte ich vermutlich bereits, und habe eine Lösung dafür gefunden. Um es auf den Punkt zu bringen. Ich verbinde Praxiserfahrung mit allen Typen von Alpha-Führungs-Männern mit einem wissenschaftlichen Studium über Differentielle Psychologie. D.h. ich kann jeden Wahnsinn, der in Chefetagen passiert erklären. Aber vor allem habe ich einen gangbaren Weg gefunden, wie es Frauen spielerisch durch das Minenfeld ganz nach oben schaffen.
Karriere-Einsichten: Welche Empfehlung geben Sie weiblichen Führungskräften mit auf ihren Weg?
Dr. Suanne Kleinhenz: Treffen Sie eine Entscheidung – Seien Sie sich ganz sicher – und dann laufen Sie los und drehen Sie sich nicht mehr um. Sich sicher sein und loslaufen
Über die Gesprächspartnerin: Susanne Kleinhenz ist Doktor der Philosophie mit den Schwerpunkten: differenzierte Psychologie, Mitarbeiterzufriedenheit und Dialogisches Management. Ihr gehört die live-academy, eine freie Akademie für Persönlichkeitsentwicklung und Change-Management…
Artikelbild: ESB Professional/ Shutterstock
Literatur:
- Die dunkle Seite der Macht: Eine Typologie von Führung, Susanne Kleinhenz, Springer Verlag 2016, ISBN:978-3-658-12318-5
- Dialogisches Management zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit, Susanne Kleinhenz, Springer Verlag 2015, ISBN:978-3-658-11842-6
- Der Archetyp-Effekt. Gelungenes Beziehungsmanagement Privat und Beruflich, Susanne Kleinhenz, live-academy Verlag 2013, ISBN: 978-3-9815638-3
- Der Don Juan-Verkäufer. Verkaufen heißt auch verführen, Weibliches Marketing, Das Geheimnis von Senseability. Susanne Kleinhenz, live-academy Verlag 2013, ISBN:978-3-9815638-25
- Erfolg-Reich-Sein in der Zukunft. live-academy Verlag 2010, Susanne Kleinhenz et al., live-academy Verlag 2010, ISBN: 978-3-00-030650-1
- Hoffnung und Zuversicht 2020. Der Makler als Zukunftsberater, Susanne Kleinhenz et al., live- academy Verlag 2009, ISBN: 978-3-00-027718-4
- Wenn das Glück missglückt. Warum wir so ticken, wie wir ticken, Susanne Kleinhenz, Business Village 2011, ISBN: 978-86980-107-0
- Der Mann im weiblichen Jahrhundert. Was Männer und Frauen voneinander lernen können, Susanne Kleinhenz, GABAL Verlag 2008, ISBN: 978-3-89749-850-1
- Das 21. Jahrhundert ist weiblich. Über die Freiheit, die Frau zu sein, die Sie sein wollen, Susanne Kleinhenz, GABAL Verlag 2007, ISBN: 978-3-89749-667-5
1 Kommentar
Ein wichtiges Thema. Klasse!
Unbedingt möchte ich hier eine weitere Autorin und führende Frauen-Führungskräfte-Trainerin anfügen. Marion Knaths, jüngste Direktorin eines deutschen Großkonzerns. Ihr Leitbild: “Immer an die Nummer eins”. Knaths betreibt seit vielen Jahren die Firma sheboos. Und sie macht genau das: Die Kommunikationsmittel von Frauen erweitern, damit sie in der männerdominierten Arbeitswelt mitspielen und ihr Ding machen können. Ich habe Sie live erlebt … ein Erlebnis. Viel gelernt.