Wie auch immer verstandener “Corpsgeist”, Funde aus Wehrmachtszeiten in Kasernen der Bundeswehr. Verstanden als “Bürger in Uniform” kommt der Führungsspitze von Heer, Luftwaffe und Marine eine besondere Verantwortung zu. Wir haben mit dem Chef der Führungsakademie der Bundeswehr gesprochen, Carsten Stawitzki, in seiner Zeit als Kommandeur der Marine-Offiziersschule an der Ostsee…
Karriere-Einsichten: Erleichtern Uniformen und Ränge das Führen der Truppe?
Carsten Stawitzki: Auch wir sind Menschen – keine Maschinen oder geklonte Krieger von ‚Star Wars’. Wir sind von Gott als Individuen geschaffen worden und das mit völlig unterschiedlichen Talenten. Auch in unserer uniformierten Truppe haben wir also eine bunte Mischung, was die Breite unserer Gesellschaft spiegelt. Vorgesetzte und Untergebene kann man durch Vorschriften festlegen; Führer und Geführte binden sich aneinander durch Vertrauen und Respekt.
Karriere-Einsichten: Führung bedeutet nicht…
Carsten Stawitzki: Mitarbeiter in ein Waffeleisen zu packen und dann kommen alle quadratisch praktisch heraus. Wirksamen Führern gelingt es vielmehr für ihre Teamangehörigen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass sich deren Talente optimal für die Auftragserfüllung entfalten können.
“RAHMENBEDINGUNGEN setzen”
Karriere-Einsichten: Wie sieht Feedback-Kultur im Einsatz aus?
Carsten Stawitzki: Ich kann von diversen Situationen berichten, dass Führer im Einsatz ganz genau die Talente ihrer Leute kennen und auf diese setzen. Da lässt sich auch der Patrouillenführer etwas von seinen Leuten sagen, in einer Feuerpause zum Beispiel.
Rat von Kameraden einzuholen fängt ja schon bei der Meldung an, dass da hinten irgendetwas passiert. Da fängt der Entscheidungsprozess des Führenden schon an. Und trotzdem ist gerade auch in solchen brenzligen Situationen eine möglichst klare Befehlssprache notwendig, um das Lagebild für die eigene Entscheidung zu vervollständigen.
Karriere-Einsichten: Einen neuen Schlag von Führungskräften wünschen sich Wirtschaftsethiker an Business Schools, Manager die das Gesamtwohl im Blick haben. Wie schulen Sie den Charakter Ihres Führungsnachwuchses?
Carsten Stawitzki: Für unseren Führungsnachwuchs bei der Marine nutzen wir hierfür die Gorch Fock als unser „schwimmendes Klassenzimmer“. Hier lernen die jungen Kameradinnen und Kameraden zunächst Respekt vor sich selbst, aber auch im Umgang miteinander, vor der Natur und der Technik. Der Grundsatz: „Eine Hand für mich, eine Hand für das Schiff“.
Die Offiziersanwärter bei der Marine lernen, sich selbst in den Griff zu bekommen. In der Enge des Schiffes, weit weg von der gewohnten Umgebung zu Hause ist das erstmal gar nicht so einfach. Langfristig sichert dir das Sammeln solcher Kompetenzen in unserer globalisierten Welt Wettbewerbsvorteile: Du beweist, dass du dich schnell in neue Zusammenhänge in (bisher) ungewohnter Umgebung einarbeiten kannst!
Über den Gesprächspartner: Carsten Stawitzki (*1966), Diplom-Ingenieur in Elektrotechnik, ist Konteradmiral der Deutschen Marine und Kommandeur der Führungsakademie der Bundeswehr. Er war zeitweise Stellvertretender Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingentes im »Regionalkommando Nord« in Afghanistan. Von 2013 bis 2016 war Stawitzki Kommandeur der Marineschule Mürwik mit ihrem »schwimmenden Klassenzimmer«, der Gorch Fock – aus dieser Zeit stammt das Interview…
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