“Kooperarationsanfragen” auf Linkedin, XING & Co – Vetrieb pur! Klar, Vertriebler müssen mit ihrer Haut die Produkte an den Markt bringen. Sie müssen es geschickt/er anstellen! Fragen an Lothar Sommer, Market Director von CEB Deutschland…
Kunden mit herkömmlichen Mitteln an sich zu binden, das reicht heute nicht mehr. Dazu ist der Wettbewerb zu groß. Kunden sind der üblichen Ansprache überdrüssig. Dabei ist es der Vertriebler gefragt, als an den Problemen des Kunden interessiertes Gegenüber, indem er mitdenkt und Arbeit abnimmt oder Lösungen bereithält. Dies alles zu leisten, ist die Aufgabe des Vertriebs von heute – eine strukturelle Herausforderung an die Vertriebsabteilung und ihre Vertriebsmitarbeiter.
“Vertrieb und die Kunst zu Überzeugen”
In ihrem Besteller „The Challenger Sale“ zeigen die CEB-Vertriebsexperten Matthew Dixon und Brent Adamson – im englischen Sprachraum ein Bestseller mit > 300.000 verkauften Exemplaren, dass vor allem Vertriebler mit einem „Challenger“ Profil die besten Abschlüsse erzielen. Das Buch ist nach den Angaben der Verfasser “eine Quelle der Inspiration” und hilft dem Leser, sein Profil als Vertriebler zu analysieren und gezielt zu verändern, um am Ende kreativer und besser zu sein. Wir haben gesprochen mit Lothar Sommer, bei CEB verantwortlich für den deutschprachigen Markt.
Karriere-Einsichten: Wie überzeugen Mitarbeiter im Vertrieb ihre Kunden davon, eine Premiumlösung zu kaufen, statt einer Lösung, die “gerade gut genug” ist?
Lothar Sommer: Wenn Sie einen Verkaufsleiter fragen, wie sich der Verkauf in den letzten zehn Jahren verändert hat, werden Sie eine Menge Antworten, aber nur ein wiederkehrendes Thema zu hören bekommen: Es ist sehr viel schwieriger geworden! Umfassende Studien von CEB haben gezeigt, dass selbst Unternehmen, die zu den besten ihrer jeweiligen Branche gehören, sich fast nur noch in preisgetriebenen Verkaufsgesprächen wiederfinden.
Kunden sind mittlerweile perfekt über ihre Beschaffungsmärkte informiert und kennen die Branchenführer und ihre Lösungen bis ins Detail. Die Kunden sind so in der Lage, ihren Bedarf bis ins Detail zu definieren, dann kontaktieren sie die drei besten Anbieter und wollen dann eigentlich nur noch wissen: Was kostet diese Lösung bei Euch?
Karriere-Einsichten: Und das Ergebnis?
Lothar Sommer: Im Ergebnis erweist sich die Überzeugung, dass eine jahrelange, gut gepflegte Kundenbindung der direkteste und zuverlässigste Garant für Wachstum ist, als falsch. Stattdessen steigern die besten Unternehmen ihre Geschäfte dadurch, dass sie Kunden herausfordern.
Zu diesem Zweck haben sie ihre Vertriebs- und Marketingabteilung neu ausgerichtet. Das Verkaufsgespräch mit dem Kunden wird so konzipiert, dass das derzeitige Denken des Kunden durchkreuzt wird – um ihn aufzuklären, statt ihm einfach etwas zu verkaufen.
Vertrieb – eine Typsache
Dies hat CEB auf der Grundlage einer umfassenden Untersuchung von Vertriebsmitarbeitern aus verschiedenen Branchen und Regionen belegt. Da CEB diese Studie seit Jahren weiterführt, wurden inzwischen mehr als 49.000 Vertriebler befragt, die die Ergebnisse bestätigen.
Karriere-Einsichten: Welche Typen von Vertriebsmitarbeitern haben Sie klassifiziert?
Lothar Sommer: Alle Vertriebsmitarbeiter können einem von fünf Profilen zugeordnet werden: Beziehungspfleger konzentrieren sich auf den Aufbau von starken persönlichen und beruflichen Beziehungen. Sie sind großzügig mit ihrer Zeit und bemühen sich dem Kunden jeden Wunsch zu erfüllen. Außerdem arbeiten sie hart daran, Spannungen in der Geschäftsbeziehung zu lösen.
- Harte Arbeiter kommen früh, bleiben lange und gehen immer investieren immer mehr als notwendig. Sie tätigen mehr Anrufe in einer Stunde und machen mehr Besucher in einer Woche als fast alle anderen im Team. Sie legen viel Wert auf Feedback.
- Einsame Wölfe sind sehr selbstbewusst: Sie sind die „Cowboys des Außendienstes“, die sich nicht an Regeln und Prozesse halten. Sie erledigen die Dinge auf ihre Weise oder gar nicht
- Problemlöser sind zuverlässig und detailorientiert. Sie haben den Ehrgeiz, alle Zusagen, Versprechungen und Erwartungen zu erfüllen – auch nachdem der Kauf abgeschlossen wurde. Sie legen einen Schwerpunkt auf die Nachbetreuung und achten darauf, dass Servicefragen rund um die Umsetzung und Anwendung umgehend und umfassend bearbeitet werden.
- Challenger sind die diskutierfreudigen im Team. Sie haben ein gutes Verständnis vom Geschäft Ihres Kunden. Sie können ihm Möglichkeiten aufzeigen, wie er sich effizienter im Wettbewerb behaupten kann. Sie haben keine Scheu davor, ihre Ansichten mitzuteilen, selbst wenn diese kontrovers sind. Challenger sind bestimmend und neigen dazu, Kunden ein wenig zu drängen –, sowohl in ihrer Denkweise als auch in Fragen wie beispielsweise der Preisgestaltung. Ihre Challenger-Mentalität beschränkt sich nicht nur auf die Kunden. Sie neigen dazu, auch ihre eigenen Vorgesetzten und die Führungskräfte innerhalb ihrer Firma voranzutreiben.
Karriere-Einsichten: Und nun…
Vertriebler = Beziehungspfleger
Lothar Sommer: Betrachtet man nun die Gruppe der Verkäufer, die überdurchschnittlich erfolgreich waren (jeweils die Top 20 eines Vertriebsteams) dann stellt man zwei sehr überraschende Dinge fest: Zum einen sind die „Challenger“ hier mit 39 Prozent deutlich überrepräsentiert. Zum anderen finden wir in dieser Gruppe kaum noch „Beziehungspfleger“! Challenger sind also unter den heutigen Marktverhältnissen weitaus erfolgreicher als Beziehungspfleger!
Karriere-Einsichten: Was unterscheidet den „Challenger“-Typen von anderen Vertrieblern?
Lothar Sommer: In der Analyse der Autoren erwiesen sich folgende Merkmale als statistisch signifikant, um jemanden als Challenger zu definieren:
- Ein Challenger definiert sich durch seine Fähigkeit, drei Dinge zu tun: Erkenntnisse zu vermitteln, maßschneiderte Lösungen zu liefern und die Führung im Verkaufsgespräch zu übernehmen.
- Mit ihrer einzigartigen Perspektive auf das Kundengeschäft und ihrer Fähigkeit, nachhaltige Dialoge zu führen, sind die Challenger in der Lage, tatsächlich zu vermitteln, warum die eigene Lösung werthaltiger ist, als die des Wettbewerbs.
- Weil Challenger einen besonderen Sinn für die wirtschaftlichen Antriebskräfte eines Kunden besitzen, können sie ihr Angebot maßschneidern und der richtigen Person innerhalb des Kundenunternehmens ansprechen, um diese davon zu überzeugen. Zudem verspüren Challenger keinerlei Unbehagen, wenn sie über Geld sprechen, und können den Kunden, falls notwendig, ein wenig unter Druck setzen. Auf diese Weise übernimmt der Challenger die Führung im Verkaufsvorgang.
Karriere-Einsichten: Und wie unterscheidet sich das Profil des Challengers von dem des Beziehungspflegers?
Lothar Sommer: Challenger sind erfolgreich, weil Sie ihren Kunden etwas Neues beibringen, sei es ein Problem, dass diese noch gar nicht erkannt haben oder auch eine Chance, die der Kunde so noch nicht gesehen hat. Dies ist kein Standard-Lösungsverkaufs-Ansatz, der sich auf die Analyse offenkundiger Bedürfnisse konzentriert. Ein Verkaufsgespräch mit einem Challenger liefert dem Kunden wertvolle neue Einsichten.
Maßgeschneidertes statt Massenware
Der Challenger ist hervorragend im Vermitteln von Erkenntnissen, beim Maßschneidern von Lösungen und bei der Übernahme von Führung im Verkaufsgespräch. Während der Challenger sich darauf konzentriert, den Kunden aus seiner Komfortzone zu drängen, richtet der Beziehungspfleger sein Augenmerk darauf, in diese Komfortzone eingelassen zu werden. Er legt den Schwerpunkt darauf, starke persönliche Beziehungen innerhalb des gesamten Unternehmens aufzubauen.
Karriere-Einsichten: Der Beziehungspfleger hat also eine echte Dienstleistungsmentalität. Während der Challenger…
Lothar Sommer: … auf den Kundenwert fokussiert, kümmert sich der Beziehungspfleger mehr um die Bequemlichkeit des Kunden. Der Challenger überzeugt, weil er während des Verkaufsprozesses ein gewisses Maß an konstruktiver Spannung aufrechterhält. Der Beziehungspfleger dagegen strebt danach, Spannungen zu lösen oder zu entschärfen. Es ist der genau umgekehrte Ansatz. Der Beziehungspfleger ist liebenswert, aber nicht sehr effektiv.
Der Challenger dagegen weiß, dass es sowohl für ihn als auch für den Kunden von Wert ist, die Spannung länger aufrechtzuerhalten, damit der Kunde, sein eigenes Geschäft mit anderen Augen sieht. Im Idealfall zeigt der Challenger seinem Kunden Möglichkeiten auf, wie dieser mit der angebotenen Lösung Geld verdienen oder Geld sparen kann – und zwar in einer Art und Weise, die neu für den Kunden ist.
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