Wir haben unglaubliche Fähigkeiten, unser Gehirn leistet Erstaunliches: Ununterbrochen treffen wir Entscheidungen, die meisten davon unbewusst und selbstverständlich. Was hilft, berichtet Bernd Buck. Und wir bringen ein Beispiel aus dem hohen Norden…
Gehe ich nach links oder rechts? Nehme ich noch einen Schluck Wasser? Mache ich jetzt Pause oder später? Wen rufe ich als nächstes an? Aber wir alle stehen oft auch vor schwierigen Aufgaben, zermartern unseren Kopf, Zweifel quälen uns: Wie soll ich mich entscheiden? Was ist die richtige Wahl?
Die Aufgabe, die Entscheidung zu fällen, kann Ihnen meistens nicht abgenommen werden. Aber es gibt die Möglichkeiten, sich den Prozess des Entscheidens bewusst und es sich damit in vielen Fällen etwas leichter zu machen. Zuversicht spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Fragen beantworten, nicht hinausschieben
Eine Entscheidung zu treffen, bedeutet doch eigentlich nichts anderes, als eine Frage zu beantworten. Manche Entscheidungen sind so offensichtlich oder naheliegend, dass man von einer sogenannten „Mikroentscheidung“ sprechen kann. Sie sind quasi schon getroffen, bevor man überhaupt beginnt, darüber nachzudenken.
Rechts, links, geradeaus?
Die Frage, die damit beantwortet wurde, braucht Ihnen dabei nicht einmal bewusst zu sein. Manche Entscheidungen machen nicht wirklich einen großen Unterschied, ob sie so oder anders getroffen werden. Darüber sollte man sich möglichst nicht den Kopf zerbrechen. Vielleicht kennen Sie die Situation im Restaurant, wenn die Frage kommt: Was möchten Sie trinken? Wenn Sie nicht gleich eine klare Antwort haben, dann nehmen Sie einfach das Erste, das Ihnen in den Sinn kommt. Das wird schon nicht so falsch sein.
Objektiv ist wenig, subjektiv dagegen vieles
Manchmal handelt es sich jedoch um echte Entscheidungen, die niemals objektiv entschieden werden können, weil nie abschließend geklärt werden kann, welche Wahl die bessere ist.
Wenn es geklärt wäre, dann wäre es eine Mikroentscheidung. Bei echten Entscheidungen werden Sie auch nie wissen, wie Ihr Leben verlaufen wäre, wenn Sie anders entschieden hätten. Solche Entscheidungen sind prinzipiell „unentscheidbar“, sonst müsste man sie ja nicht entscheiden (frei nach Heinz von Foerster).
Teamentscheidung: Frag die anderen!
Machen Sie sich in diesem Fall die Frage, die zu beantworten ist, bewusst. Falls Sie die Entscheidung im Team treffen wollen, dann sollten Sie sich auf eine Fragestellung einigen. Es wird Ihnen leichter fallen, die richtige Frage zu formulieren, wenn Klarheit besteht, was durch die Entscheidung ermöglicht werden soll, welcher Sinn also verfolgt wird.
Finden Sie dann einen Prozess, der dabei unterstützt, das subjektive Empfinden der Teammitglieder für die Entscheidung zu nutzen. Durch aufwendige Datensammlungen und Auswertungssystematiken werden solche Entscheidungen meist nicht besser (G. Gigerenzer).
Was ist dein nächster Karriereschritt?
Gerade Entscheidungen über den nächsten Karriereschritt sind solche echten Entscheidungen. Oft genug fallen gerade diese Entscheidungen sehr schwer. Dabei ist es oft so, dass das Unterbewusstsein bereits entschieden hat, während sich das Bewusstsein noch gegen die Entscheidung wehrt, weil es dem Ergebnis nicht vertraut.
Dann ist die Entscheidung noch nicht reif. Entscheidungen reifen durch wachsendes Vertrauen in die Lösung. Machen Sie sich daher auf den Weg, etwas dafür zu tun, Ihre Zuversicht in die Entscheidung wachsen zu lassen. Falls Sie die Entscheidung nicht allein betrifft, gilt dies für Ihr ganzes Team. Ein wie auch immer gearteter Entscheidungsprozess muss genau das bewirken.
Tipps für klarere Entscheidungen
Mit folgenden Tools können Sie zum Wachsen der Zuversicht beitragen:
- Beschaffen Sie weiteres Wissen (Studien, Analysen, Fakten)
- Befragen Sie weitere Ressourcen (Spezialist oder Inneres Team)
- Lassen Sie Vorläufigkeit zu (Testphase, Arbeitshypothese, „gilt so lange, bis …“, „tun als ob …“).
- Ermöglichen Sie Überschaubarkeit („Welcher erste Schritt führt ein Stück weiter?“).
- Wechseln Sie die Perspektive („Was würde X über mich erzählen, wenn er sähe, dass ich so entschieden habe “).
- Lassen Sie die Zeit für sich arbeiten (darüber schlafen, Flip out [nichts tun zum Thema]).
- Stellen Sie sich vor, wie gut es wird („Angenommen wir würden so entscheiden, was wären dann die Konsequenzen, was würden wir dann als nächstes tun?“). Nutzen Sie die Tetralemma-Methode, wenn Sie zwei Entscheidungsmöglichkeiten haben.
Entscheidungen verändern uns
Eine Entscheidung ist erst dann getroffen, wenn dadurch etwas anders (transformiert) bzw. wenn dadurch gehandelt wird. Fragen Sie sich also, woran zu erkennen ist, dass die Entscheidung getroffen wurde. Kommunizieren Sie dies und überprüfen Sie damit die Umsetzung. Eine Entscheidung ist übrigens durchaus eine anerkennenswerte Leistung, die auch angemessen gefeiert werden darf.
Indem Sie auf diese Weise Ihre Zuversicht in die Entscheidung aufbauen, erleichtern Sie sich nicht nur das Treffen der Entscheidung selbst, sondern tun Ihr Möglichstes, dass es auch die richtige ist. Ein weiterer Effekt ist, dass Sie durch den Erfolg gestärkt leichter und zuversichtlicher an zukünftige Entscheidungen herangehen können und dass das, was für Sie vorher vielleicht eine Qual war, Ihnen immer mehr Freude bereitet.
Beispiel der Redaktion aus Finnland
Bis 2010 gab es in Helsinki drei verschiedene Hochschulen: die Technische Universität, Handelshochschule und die Hochschule für Kunst und Design. Die Verantwortlichen aus dem Bildungsministerium haben vor ein paar Jahren zusammen mit den Direktorien der bisherigen Schulen entschieden, diese Standorte zusammenzulegen.
Nach dem finnischen Architekten Alvar Aalto benannt, laufen sie nun unter einem Namen als Aalto-Universität – finnisch Aalto-yliopisto und schwedisch Aalto-universitetet). Zur Campustour geht’s hier. Rund 20.000 Studierende aus aller Welt pauken vom Nanometer bis zu Lichtjahren – und wohnen in den benachbarten Wohnheimen. Denen liegt auch eine Entscheidung zugrunde: Was tun mit dem “alten” Olympiadorf der Sommerspiele 1952? Ganz klar für die Skandinavier, günstigen Wohnraum an Studis vermieten. Bildung an erster Stelle…
Literaturtipps
- Buck, B. und Buck, U.: INNERINNOVATION – Innovationen aus eigenem Anbau. literatur-vsm, 2014
- Gigerenzer, Gerd: Risiko: Wie man die richtigen Entscheidungen trifft. Bertelsmann, 2013.
Über den Autor
Bernd Buck ist diplomierter Physiker, hat in Konstanz Physik studiert und war anschließend als Entwickler, Entwicklungsleiter und Technischer Geschäftsführer bei ifm electronic gmbh tätig. Er ist als systemischer Organisationsberater mit Schwerpunkt Innovationsprozesse und Innovationskultur im Rahmen der Beratungsfirma TeamThink tätig.
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