In ethisch einwandfreie Aktien und Fonds investieren. Bisher eine beschränkte Sache, bald ein Trend? Können ethische Investments so etwas wie Gerechtigkeit herstellen? Die Idee ist gut und richtig. Nur die Frage Wie ist noch nicht wirklich geklärt. Interview mit Professor Josef Wieland…
Welche moralischen Standards fehlen, damit „Social Responsible Investing“ (SRI) mehr ist als nur ein Feigenblatt von Banken, Beratungen oder Konzernen? Wir horchen nach:
Ex-UN Generalsekretär Kofi Annan hat ganze 20 Milliarden Dollar zusammengebracht, mit denen unter anderem auch soziales Unternehmertum finanziert werden sollen. Etwa Kleinstunternehmen, die sich darum kümmern, Hartz4-Empfänger soweit sozial und hinsichtlich ihrer Qualifikationen fit zu machen, dass sie diese Unterstützung nicht mehr nötig haben.
Es geht also nicht nur um das Investieren in Unternehmensgründungen, sondern um die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung. Zum Beispiel das Vergeben von Mikrokrediten, Hilfen zur Selbsthilfe. In Großbritannien wird sogar überlegt, dies über vielfach gescholtene Hedge-Fonds abzuwickeln. Der Sozialstaat kann nicht mehr alle Probleme der Gesellschaft lösen.
Karriere-Einsichten: Soziales Kapital schaffen. So steht es in den Leitbildern aller Großbanken. Widersprechen sich ethische Geldanlage und profitorientiertes Denken nicht?
Josef Wieland: Eindeutig: Nein. In der ökonomischen Logik sind große Teile Asiens, Afrikas und Südamerikas keine Armenhäuser, sondern zu entwickelnde Investitions- und Konsummärkte. Wie kann man diese Länder in den Markt holen? Zum Beispiel durch das Angebot von Mikro-Versicherungen für Menschen, die sich keine westlichen Standards genügende Versicherung leisten können. Die kosten dann eben 50 Cent. Da geht es dann auch um eine echte Entwicklung der Ökonomie:
Karriere-Einsichten: Die Deutsche Bank & Co haben eine ganze Reihe von Benchmarks, zertifiziert von Rating-Agenturen. Klingt gut für den Privatkunden Wo ist das Problem?
Josef Wieland: Es gibt bisher keine überzeugende Zahlen, weder allgemein akzeptierte Standards noch einheitlich definierte Kriterien, mit der man „Nachhaltigkeit“ als Erfolgskennzahl messen kann. Was wir fördern müssen, ist die Forschung zu diesem Zusammenhang. Wir brauchen mehr als nur Plausibilitätskriterien.
Karriere-Einsichten: Warum engagieren sich Ihrer Meinung nach so viele Banken im Bereich ethische Investments?
Josef Wieland: Ich vermute, da geht es häufig weniger um den „Business Case“ als um das Thema der Reputation der Banken und der Finanzmärkte, einem „Branding“ des Guten, vor allem in Angesicht nach der Krise. Mir geht wesentlich um Ersteres. Also nicht nur darum, den UN Global Compact oder sonst eine Deklaration zu unterschreiben.
“Produkte entscheiden, nicht die Leitbilder”
Die Banken werden vom Kunden an ihren Produkten gemessen, nicht ihren Leitbildern. Das gilt global und regional. In welche Fonds wird investiert? Was ist mit Energie- und Wasser? Gibt es Kredite für sozial Schwache? Wie wird die Tafelbewegung unterstützt? Das will die Gesellschaft sehen. Bis dahin bleibt SRI eine Kommunikationsstrategie.
Karriere-Einsichten: Machen wir das an einem Begriff fest. Was heißt Nachhaltigkeit für Sie?
Josef Wieland: Jedenfalls mehr als die Kontinuität des Geschäfts. Das wäre nur der Teil der Ökonomie, einseitig ohne die ökologische und gesellschaftliche Komponente. Es geht um die Ermöglichung von gesellschaftlichem Wohlstand. Banken sind das Rückgrat unserer Gesellschaft, und dafür sind sie häufig noch viel zu passiv.
Manche Institute engagieren sich auch heute schon mutig, die Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit ihrem regionalen Förderauftrag. Aber wir sollten mehr auf das Entwickeln von Nachhaltigkeit vor der eigenen Haustür achten.
Ich erinnere mich an ein Gespräch, das ich vor etwa 15 Jahren mit Verantwortlichen der City-Bank in New York hatte. Wie andere Banken hat auch sie ihre Filialen in den New Yorker Szenevierteln, der Bronx und Brooklyn nicht aufgeben.
Eine Bank kann das einfach nicht. Also vergaben Sie Kredite für soziale Wohnprojekte und stellten mehr Azubis ein. Ihnen ging es darum, die gesellschaftliche Stabilität zu fördern, indem sie neue Mitarbeiter und Kunden gewinnen. Ich denke, dies ist ein gutes Beispiel für nachhaltiges Investment.
Josef Wieland ist Professor für Allgemeine BWL mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsethik an der Fachhochschule Konstanz. Für den Direktor des Instituts für Werte-Management ist Moral die Visitenkarte eines jeden Unternehmen.
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Ob Ethik und Ökonomie sich widersprechen oder ob sich ihre Maximen vereinen lassen, solche Fragen haben seit dem schottischen Philosophen Adam Smith (1732–1790), dem Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre und Autoren der “Theorie der ethischen Gefühle”, immer wieder Denker/innen beschäftigt. In Konstanz beackert das CABE (Constance Academy of Business Ethics) das schwierige Themengebiet zwischen Money und Moral. Wir haben mit dem Wissenschaftlichen Direktor Josef Wieland gesprochen.
Weitere Fragen zu Responsible Investments:
1. Welche Erfahrung haben Sie mit verschiedenen Indizes/ Ratings/
Zertifizierungen in Bezug auf Responsible Investment gemacht? Z.B. die Indizes der oekom research (Global Challenges Index)(Global Reporting Index)(UN PRI oder andere).
2. Welches hat für das Unternehmen den meisten Mehrwert erbracht?
3. Welches ist aus Ihrer Sicht der führende Index und welcher wird in Zukunft der führende Index sein?
a. Wäre dieser auch für mittelständige Familienunternehmen geeignet? Bzw.
gibt es einen Index der KMU´s bewertet und nicht nur AG´s?
b. Wie sieht der Implementierungsweg aus?
c. Wie schätzen Sie den Aufwand zur Implementierung ein?
Nachhaltige Forschung ist wichtig, da kann man Prof. Wieland nur zustimmen. Natürlich nicht nur die Forschung, sondern auch die Kommunikation des Forschungsstandes bzw. der Ergebnisse.
Bezüglich ethisch-nachhaltiger Investments kann man dazu einiges auf http://www.nachhaltige-investments.4lima.de (Infos über ethisch-nachhaltige Kapitalanlagen) lesen.
Gerade über die Performance nachhaltiger Aktienfonds wissen viele Anleger noch wenig Bescheid.
Vielen Dank für dieses interessante Interview, welches gern noch länger hätte sein dürfen.
Wer sich für die Frage, wie man das Geld- und Finanzwesen sozial verträglicher gestalten kann, interessiert, ist herzlich eingeladen, an der 4. internationalen Summer School on Social Banking teilzunehmen, die vom 3. bis 8. Juli 2011 in Canterbury, UK, stattfindet. Mehr informationen gibt es unter http://www.social-banking.org/summer-school