Gerechtigkeit. Inwieweit können ethische Investments einen Ausgleich schaffen? Man verdient damit gutes Geld. Sauber und sicher. Aber nicht so profitabel…
Noch nicht. Ethische Wertvorstellungen statt reiner Renditen kommen nämlich gut an. Allgemein anerkannte Gütesiegel fürs Social Responsible Investing sind noch Mangelware.
Nicht nur Kirchen, auch Banken und Business Schools werben darum. Sie alle verbindet die Krise und der Wunsch, wieder Kapital zu gewinnen: Vertrauen.
Goldmann-Sachs-Chef, Llyod Blankefein sagte im November letzten Jahres, seine Bank verrichte Gottes Werk. Momentan ist sie wegen Betrugs von der Finanzaufsicht der Wall Street angeklagt, im großen Stil. Ken Costa, erfolgreicher Investment-Banker und bekennender Christ, hat über dieses Dilemma ein Buch geschrieben: „Der liebe Gott und das böse Geld“.
Der Titel provoziert seine Kollegen: Einerseits können nur lukrative, effiziente Firmen Wertzuwächse erzielen, „ihr gutes Recht“ sagt Costa. Andererseits entstehen jede Menge Pflichten gegenüber dem Aktionär, „Ehrlichkeit und Transparenz zum Beispiel“. Social Responsible Investing (SRI) lautet deswegen die neue Formel, mit der sich Professoren, Top-Manager und Business Analysten beschäftigen.
Zahlen: 3 Billionen US-Dollar gutes Geld
Marc Witzenbacher, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Baden (EKIBA), sieht das ganz praktisch: „Jeder kann das, ethisch investieren“. Die Kunst sei nur, dies mit Ethik und Ertrag zugleich zu tun, beschreibt Witzenbacher die Leitidee ethischer Investments.
Barbara Bauer ist als Oberkirchenrätin für diese verantwortlich. Sie will das der Kirche anvertraute Geld stets sinnvoll, aber auch effizient einsetzen. Mit ihrem Vermögen will die Institution ihre Verpflichtungen „angemessen absichern“.
Um als Non-Profit-Unternehmen ihre Pfarrer bezahlen zu können. Hinzu kommen Rücklagen der Kirchengemeinden für kostspielige Gebäudesanierungen oder Krankheitsbeihilfen, Absichern des Risikos.
Insgesamt managt der Kirchen-Konzern im Südwesten der Republik 950 Millionen Euro, die ethisch angelegt werden wollen. Die Liste seiner „No-Go’s“ ist lang: Gewinne aus Aktien in Rüstungsgeschäfte, Glücksspiele, Gentechnik, Drogen, Pornografie, Kinderarbeit oder Atomenergie.
Für die Kirchenräte sind solche Anlagen ein striktes Tabu. Die Art und Weise des Investments dagegen weniger. Für Anselm Grün sind Zinsdifferenzgeschäfte, Bonus-Zertifikate oder Optionsscheine ein entscheidender Hebel, aktiv die Unternehmen seines Vertrauens zu unterstützen – anders als beim Sparbuch, „Ideologische Kämpfe“, ob verdientes Geld an der Börse nun gut oder böse ist, will der Cellerar der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach vermeiden.
Leisten: Mischung aus Zuckerbrot und Compliance
Das Bekenntnis zur Verantwortung, der Corporate Social Responsibility, ist wichtiger denn je für die gesellschaftliche Akzeptanz von Großbanken. Das Leitmotiv der Deutschen Bank (DB) lautet daher, soziales Kapital zu schaffen.
So sagt es Sprecher Nico Reinhold: „Es liegt in unserem ureigenen Interesse, in die Stabilität und Prosperität von Gesellschaften zu investieren“. Diese Nachhaltigkeit diene dem Wohl der Deutschen Bank, aber auch der Allgemeinheit.
Für Fredmund Malik dagegen ist Nachhaltigkeit ein geflügeltes Managementwort, dass gefährlich missverstanden werden kann: „Sustainability ist ein Fortschritt. Der konsequente nächste Schritt muss aber Viability (Lebensfähigkeit) sein“. So beschreibt es der St. Galler Unternehmensberater, die Mischung aus ernsthaftem Engagemet und Anpasserei, ethisch gesehen.
Mit einem Teil des Anlagevermögens experimentiert aber auch die Badische Landeskirche, um geeignete Partner zu finden. „Für Nachhaltigkeit machen wir uns stark“, sagt Witzenbacher. Ethische Geldanlage ist für Kirchenbeamte keine Sache des moralischen Zeigefingers, sondern aktives Aktionärstum.
In christlichen Kreisen wird das noch skeptisch betrachtet. „Als Aktionär wollen wir selbst mit den Unternehmen sprechen“, so Witzenbacher. Er betont, dass dies ein echter Governance-Ansatz sei, „um Unternehmen in die richtigen Bahnen zu lenken“. Theologisch entspricht diese Praxis christlicher Nächstenliebe.
Das Ziel: Mit investierten Unternehmen auch reden statt nur auf Kurs-Charts oder Bilanz-Zahlen zu gucken. „Wenn bei unseren Governance-Kriterien etwas nicht stimmt, schreiten wir ein“, sagt Witzenbacher. Über 90 Prozent „gutes Geld“ sei bereits im Portfolio, das Ziel seien 100 Prozent. Für mehr Gerechtigkeit rund um Umwelt, Gesundheit und Soziales…
„gutes Geld“
James Giffords UN-Manschaft in New York appelliert an die SRI-Spielregeln. Das Social Investment Forum in Washington D.C überprüft das Einhalten ethischer Werte. In einem sozialen Rating werden dort die betreffenden Firmen einem Screening unterzogen, dabei geht es nicht nur ums Einhalten der Menschenrechte in Fern-Ost.
Hat der Fonds mit Industrien in Sachen Alkohol, Tabak, Glückspielen, Pornografie, Waffen oder Tierversuchen zu tun? Schlecht. Wird in das Wohl von Gesellschaft, Umwelt und Mitarbeitern investiert? Umso besser. Zurück in New York bestimmt die Wall Street weiterhin die Marktwerte.
In Deutschland gibt es ähnliche Versuche, z.B. die Plattform Nachhaltiges Investment.
Lesetipps. Sie suchen noch ein Geschenk? Bücher sind zwar nicht besonders kreativ in der Idee. Aber umso mehr im Inhalt. Wirtschaftsethik muss nicht trocken sein…
Ein Theologe, ein Ökonom: Was tun mit den Groschen im Portemonnaie?
Das Buch hilft, Geld ethisch korrekt anzulegen – ob Kleinanleger oder Bankangestellter. Neben Plädoyers für gutes Geld finden sich auch Exkurse in die Geschichte von Inflation oder Wucherzins ebenso wie Adressen kirchlicher Banken in Deutschland.
Thomas Kohrs, Anselm Grün: Ethisch Geld anlegen, Vier-Türme-Verlag (2008)
Der Professor: Wie allgemeiner, überzeugender über Ethik reden?
Küpper fasst Instrumente zusammen, wie wirkliche Werte gefunden und Andersgläubigen vermittelt werden können. Dabei liefert er viel Hintergrundwissen für Fortgeschrittene, nennt aber auch für Neulinge der Wirtschaftsethik die Kernprobleme. Kein Buch für den Strandkorb, aber viel Reflexion für Manager mit Exkursen in die Moralphilosophie, die vorm Bereich der Anwendung nicht halt machen, manches Best-Practise-Beispiel vereinen.
Hans-Ullrich Küpper: Unternehmensethik, Schäffer-Poeschel (2006).
Der Consultant: Welche Worte können schnell moralinsauer klingen?
Ihm geht es nicht um die publizierte Wirtschaftsethik in Jahresberichten, manche Augenwischerei von CSR-Kodexen, sondern die Realität dahinter, keine Sprachfinessen sondern wirksame Verständigung. Ein leicht zu lesendes ABC gefährlicher Managementwörter, die man besser nicht mehr benutzt – oder anders, bewusster gebraucht.
Fredmund Malik: Richtig denken – wirksam managen, Campus (2010).
Der Reporter: Welche Krimis geschehen hinter Glass-Fassaden der Hochfinanz?
Viele Fakten, die sich doch wie ein Roman lesen. In der Schweiz wird ein Drittel des weltweiten Privatvermögens gemanagt. In die Zürcher Tresore schauen nur wenige Anleger. Müller beleuchtet die Schattenseiten der Finanzwelt. Das Buch für den Strandkorb, das Lesefluss garantiert – manchmal eben auch oberflächlich oder konstruiert erscheint.
Leo Müller: Tatort Zürich, Ullstein (2008).
Der Manager: Wie bringt man Bibel und Business unter einen Hut?
Gesprächsstoff für das nächste Abendessen, wie man persönlich mit der Gier nach mehr Geld und Anerkennung umgeht. Was das mit dem christlichen Glauben zu tun hat und wie die Sinnfrage hilft, um seinen Selbstwert weniger an der Rendite festzuklopfen, darauf gibt der Top-Manager einer Investment-Bank seine persönliche, wenn auch nicht immer übertragbare, Antwort im Taschenbuch-Format.
Ken Costa: Der liebe Gott und das böse Geld, Pattloch (2009).
Die Personaler: Warum ist eine würdevolle Beschäftigung so wichtig?
Die einen kommen vor lauter Überstunden kaum zur Ruhe und haben Angst, ihren Job zu verlieren. Andere finden keine Arbeit mehr, mit der sie über die Runden kommen. Wie sich Arbeit in Zukunft wohl weiterentwickeln wird. Wie erlangen wir mehr Zufriedenheit im Job? Dies und mehr im Buch und auf der Webseite der Autoren. In Zusammenarbeit mit Karriere-Einsichten.